piwik no script img

Museum ReinickendorfMuseales Schrift-Bild: Kunst als alternative Weltbeschreibung

„Försterstube“, „Waschküche“, „Germanisches Gehöft“ – in jedem dieser scheinbar aus der Zeit gefallenen Namen der Innen- und Außenräume im Museum Reinickendorf steckt politische Brisanz. Gemeinsam mit dem „Schulzimmer“ lassen sie an Disziplinierung denken, an Militarisierung von Freizeit, kapitalistische Industrialisierung und „Heimatministerium“. Die Frage des musealen Sammelns zum Zweck der Geschichtsschreibung – in Berlin steht die Dichotomie „kulturhistorisch“ versus „künstlerisch“ dank diverser Interventionen in Bezirksmuseen und Kunstinstitutionen immer häufiger zur Disposition. Aktuell auch in Reinickendorf: Dr. Lily Fürstenow-Khositashvili, die die Gruppenausstellung „Interventionen – Kunst und Geschichte im Dialog“ kuratiert hat, stellt im Garten Hundriesers „Mutter und Kind“ die ephemere Edelstahlskulptur „Windsbraut“ von Axel Anklam gegenüber. Auch das Thema Sprache führte Fürstenow-Khositashvili bewusst ein – als „Art der Weltbeschreibung und des Weltsehens“. Das könnte zunächst die gefiederte Sprache der Vögel meinen, denen Maria-Leena Räihälä Häuser gebaut hat. Aber eben auch den preußischen Zurichtungsapparat Schule. Diesem begegnet Elza Javakhishvili im alten Schulzimmer mit konkreter Poesie. Neben das deutsche Alphabet stellt sie das georgische und verabschiedet die Monolingualität: „Tagebuch # 01“ zeigt eine Reihe minimalistischer graphischer Konstellationen, in deren Innern unterschiedliche Schwünge in einzelnen Buchstaben erkennbar werden: Vielleicht prägt ja selbst das Schriftbild wie Bildung und Vermittlung gesehen und imaginiert werden können. nym

Bis 27. 8., Do.–Mo. 12–19 Uhr, Oranienstr. 25

28. 6., 19 Uhr: Vortrag (auf Englisch) von Judith A. Allen: „The eroticism of data – Alfred C. Kinsey, Sampling, & cultural representations“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen