Munition auf der Kabeltrasse: Weltkrieg verzögert Riffgat

Netzbetreiber Tennet kann den Offshore-Windpark vor der Insel Borkum nicht rechtzeitig anschließen. Das wird teuer.

Job für Spezialisten: Ein Errichterschiff hebt sich auf Stelzenbeinen aus der Nordsee. Bild: dpa

HAMBURG taz | Beim EWE-Windpark Riffgat nordwestlich der Insel Borkum ist bisher das meiste nach Plan verlaufen. Elf von 30 Windkraftanlagen stehen bereits im Meer. Bis Ende Juli will der Oldenburger Energieversorger die Letzte betriebsbereit haben. Doch die Anlagen werden stillstehen müssen, weil die Leitung für den Strom, den sie produzieren könnten, nicht fertig ist.

Absurder noch: Sie werden den Strom eines Dieselgenerators im Windpark fressen müssen, damit sie wegen des ungeplanten Stillstands nicht kaputtgehen. So oder so wird der Stillstand teuer.

Die Riffgat-Windräder speisen ihren Strom in ein Umspannwerk im Park ein, das durch eine 50 Kilometer lange Leitung um Borkum herum mit dem Stromnetz an Land verbunden ist. Das letzte Drittel dieser Leitung fehlt, weil auf der Kabeltrasse Weltkriegsmunition liegt. Diese zu bergen, ist schwieriger als erwartet. „Das Problem ist, dass es in diesem Bereich eine starke Strömung gibt, die die Munition versetzt“, sagt Henrike Lau vom Netzbetreiber Tennet.

Der Windpark Riffgat besteht aus 30 Anlagen. Er kann 108 Megawatt Strom erzeugen und damit 120.000 Haushalte versorgen. Die Naben der Windräder ragen so hoch aus dem Meer wie die Türme des Bremer Doms.

Stand des Ausbaus: Ende 2012 standen nach Zahlen des Bundesverbands Windenergie 68 Windkraftanlagen im deutschen Teil der Nord- und Ostsee mit einer Gesamtleistung von 280 Megawatt.

In Bau waren zu diesem Zeitpunkt sechs Parks mit 350 Anlagen und einer Gesamtleistung von 1.700 Megawatt.

www.wind-energie.de/infocenter/statistiken

Das Unternehmen, das für den Anschluss der deutschen Windparks in der Nordsee (offshore) zuständig ist, hatte der EWE zugesagt, Riffgat bis März mit einer Steckdose zu versehen. Ende Oktober habe Tennet mitgeteilt, dass dieser Termin nicht zu halten sei, sagt EWE-Sprecher Christian Bartsch.

Nach Informationen des NDR könnte es bis zum Jahresende dauern, bis die Leitung steht. „Ich kann Ihnen nicht sagen, wie lange sich die Anbindung verzögert“, sagt Tennet-Sprecherin Lau.

Die EWE hat dafür wenig Verständnis. „Dass da Munition liegt, war seit Jahren bekannt, da muss man einfach früher anfangen“, sagt ihr Sprecher Bartsch. Lau versichert, Tennet habe penibel geplant, es hätten sich aber nicht alle Schwierigkeiten vorhersehen lassen. „Das ist eine Sache, die Gefahren birgt“, sagt Lau.

An sieben Tagen die Woche kümmerten sich rund um die Uhr 60 Leute um die Räumung der Kabeltrasse. „Bislang unfallfrei“, sagt Lau. „Das ist doch auch was.“

Tennet muss der EWE für jede Windkraftanlage, die betriebsbereit ist, aber mangels Netzanschluss keinen Strom produzieren kann, einen 90-prozentigen Schadensersatz bezahlen. Bei einer Gesamtleistung des Windparks von 108 Megawatt könnten dabei überschlägig sechs Millionen Euro pro Monat zusammenkommen.

Nur ein Fünftel davon muss Tennet selbst bezahlen. Den Rest kann der Versorger auf die Netznutzungsgebühr umlegen – und damit letztlich auf die Verbraucher.

Auf die EWE kämen weitere Kosten zu, wie deren Sprecher Bartsch sagt. Um die Windräder betriebsbereit zu machen, sei Strom nötig, der von einem Generator auf der Umspannstation erzeugt werden muss. Sollte der Stillstand sehr lange dauern, müssten die Rotoren mit Strom gedreht werden, um die Lager zu schonen. Außerdem seien Techniker für die Inbetriebnahme gebucht worden, die jetzt zu Hause bleiben müssten.

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