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■ München mausert sich zur ausländerfreundlichen StadtAusländeranschläge in Schwabing

München (taz) – Zumindest was öffentliche Plakatkunst angeht, scheint München eine der ausländerfreundlichsten Städte der Republik zu werden. Dahinter steckt weder der aus Oberammergau zugereiste bayrische Ministerpräsident Streibl noch der FC Bayern, der ja immer noch einige Ausländer beschäftigt, noch eine Exportbierbrauerei. Dahinter steckt ein kleines, etwas anarchisches Blättchen namens Schwabing Extra. Diese Zeitung der Schwabinger Friedensinitiative, die sich (seit nunmehr neun Jahren) stolz „die am unregelmäßigsten erscheinende Zeitung der Welt“ nennt, hat nämlich in seiner – Freund und Feind mal wieder überraschenden – letzten Nummer zu einer „Aktion Schwabinger Anschläge“ aufgerufen.

Ausgehend von der Erkenntnis, daß es auch friedliche Anschläge gibt, wurde dabei eine „Schwabinger Plakataktion für ein friedliches Zusammenleben mit ausländischen Mitbürgern“ initiiert. Münchner Künstler und Graphiker sollen in edlem Wettstreit Originelles und Bedenkenswertes zum Thema Solidarität mit Ausländern an Schwabinger Plakatwänden anbringen. Schwabinger Bürger sollen durch Spenden diese Wände (16 Mark pro Tag) sponsern. Die „Seidlvilla“, Schwabings lang erkämpftes Bürgerhaus (im Windschatten von H.M. Enzensbergers Schreibschmiede gelegen), unterstützt diese Aktion.

Am vergangenen Donnerstag ist die „Ausländer-an-der-Wand- Aktion“ nun angelaufen. Vor einem Schwabinger Postamt (in der Angererstraße) ist für die nächsten 14 Tage ein von den Schwabing Extra-Leuten selbst angebrachtes Graffito mit dem Text: „,Das Boot ist voll‘, sagen sie und werfen das Grundgesetz über Bord“ zu sehen. Und ganz nahe bei Schwabings zentralem Schönheitsfleck Münchner Freiheit (in der Hesseloher Straße) hat der Münchner Künstler Erhard Haller ein wunderschönes Gemäldeplakat hingezaubert, das sowohl Johann Wolfgang Goethe wie auch Johann Wilhelm Tischbein aufs zeitgemäßeste paraphrasiert (siehe Foto).

Mit einer in-situ-Malerei wurde die Aktion am Samstag fortgesetzt. Der Schwabinger Künstler Heini Weld malte dabei in der Römerstraße seine Version des Themas vor Publikum und Presse direkt an die Plakatwand. Weitere sollen folgen, „solange es nötig ist“, wie die Initiatoren sagen. Und solange es Künstler und Sponsoren gibt, die die Aktion unterstützen. (Kontaktadresse: Schwabing Extra c/o A.Haller, Heßstr. 40, 8000 München 40. Spenden auf Sonderkonto Jochen Högerl, Stadtsparkasse München, BLZ 70150000, Kto-Nr: 18-29 84 55. Kennwort „Anschläge“) Münchens Straßen werden also nicht nur schöner, sondern auch freundlicher. Für Münchner, für Ausländer und vielleicht sogar für Preißn. Thomas Pampuch

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