■ Müllvermeidung: In weiter Ferne so nah
Abfallpolitik scheint vor allem Ankündigungspolitik zu sein. Zum wiederholten Male war sich gestern Umweltsenator Volker Hassemer nicht zu schade, eine Pressekonferenz abzuhalten, von der aus der CDU-Mann weit in die Ferne blickte – in das Jahr 2005. Dann sollen nur noch die Hälfte der Abfälle, die wir in bunte Tonnen werfen, auf der Deponie oder in der Müllverbrennungsanlage landen. Der ferne Termin hat nicht nur den Grund, daß politische Mühlen langsam mahlen, sondern in diesem Fall auch, daß der Umweltsenator auf bislang wenig spürbare Erfolge verweisen kann. Das größte Verdienst nämlich – ein Fünftel des Hausmülls wird inzwischen sortiert und nach Möglichkeit wiederverwertet – geht vor allem auf das Konto der Verpackungsindustrie.
Trotz aller Kritik am „Grünen Punkt“ kann nicht bestritten werden, daß der in Berlin jährlich anfallende Hausmüllberg vor allem mit Hilfe der „gelben Tonne“ bereits um ein Fünftel geschrumpft ist. Eines von Hassemers Verdiensten ist, daß das Land Berlin seit diesem Jahr ein Landesabfallgesetz hat – aber hier muß sich der Senator nicht nur von der Opposition sagen lassen, er habe sich ausgesprochen viel Zeit mit dem Gesetzeswerk gelassen.
Daß Hassemer an das Jahr 2005 – und damit über den nächsten Wahltermin hinaus – denkt, muß ihm natürlich zu Gute gehalten werden. Er schafft politischen Druck und macht sich sicher nicht beliebt, wenn er umweltpolitisch zwar gewollte, von den betroffenen Anwohnern und Bezirken aber strikt bekämpfte Recyclingbetriebe an Ort und Stelle durchsetzt. Nur – auch das macht der Senator nicht ganz freiwillig. Zum einen hat sein Brandenburger Kollege Platzeck (Bündnis 90/Die Grünen) die weitere Verschiebung Berliner Mülls ins Umland davon abhängig gemacht, daß Berlin Müll reduziert. Zum anderen dürfen laut Bundesgesetz ab dem Jahr 2005 ohnehin keine vermischten Abfälle mehr deponiert und verbrannt werden. Dirk Wildt
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