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Archiv-Artikel

Müllers wollen Landeshauptstadt erobern

taz geht wählen – die Serie zur Bundestagswahl am 18. September. Die 64 nordrhein-westfälischen Direktwahlkreise im Portrait. Wer kämpft um die Mandate? Wer ist Außenseiter? Wer gewinnt? Heute: Düsseldorf I

Düsseldorf? Die Landeshauptstadt hat jede Menge Landesministerien, Unternehmenssitze, massig Geld und knapp 600.000 EinwohnerInnen. Und dazu: Chic. Die größte Modemesse der Welt flaniert auf der Kö, Touristen betrinken sich in der Altstadt. Japaner lieben die Rheinmetropole; Düsseldorf hat die größte japanische Community in Europa. Der umtriebige Oberbürgermeister Joachim Erwin (CDU) brachte der Stadt indes viele sportliche Niederlagen: Die Fußball-Weltmeisterschaft wird im nächsten Jahr nicht hier spielen, sondern in Gelsenkirchen, Dortmund und Köln. Und Olympia ging auch lieber nach London. Wer verteidigt den Wahlkreis?Michael Müller, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der SPD im Bundestag, holte 2002 44 Prozent. Der SPD-Linke könnte auch bei den Grünen auf der Liste stehen: Der Ingenieur kämpft für den Atomausstieg, ist Mitglied im Umwelt- und Verbraucherausschuss, bei Eurosolar und den Naturfreunden. Überraschend gewann SPD-Müller zweimal den konservativen Düsseldorfer Norden. Mit der Schröderschen Politik hat sich der Sprecher der Parlamentarischen Linken aber arrangiert: Als Volkspartei müsse man immer Kompromisse eingehen. „Es kommt darauf, an, wo man seine persönlichen Schwerpunkte setzt.“ Deshalb verteidigt Müller seinen Chef, wo es geht: „Dreckschweine“, nannte er Leute, die Gerüchte über einen Rücktritt Schröders in die Welt setzten.Wer will den Wahlkreis?Noch eine Müller, aber eine ganz andere: CDUlerin Hildegard Müller ist Zahlen-Fan. Die 37-jährige Bankerin ist Mitglied im Haushaltsausschuss. Dem Michael hat sie wenig zu sagen, gibt sie zu, und er sagt: „Sie denkt anders“ – und hat die Parteijugend der Konservativen hinter sich. Im November 1998 wählte die Junge Union sie als erste Frau an ihre Spitze. Im April 2000 schaffte sie den Sprung in den Parteivorstand. Sie hat eine katholische Kindheit: Kirchenchor, Pfarrgruppe, Firmgruppe, Vorstandsmitglied bei Donum Vitae, der katholischen Beratungsstelle für Schwangere. Bei diesem frommen Lebenswandel überstand sie unbeschadet den Wirbel um ihre Nebeneinkünfte bei der Dresdner Bank – für so genannte Sonderaufgaben, die sie noch nicht abgeschlossen habe.Der große Außenseiter?Frank Laubenburg, Kandidat der Linke.PDS. Der PDS-Ratsherr hat zwar keine Chance, in Düsseldorf ist er aber trotzdem bekannter als die meisten SPD und CDU-Abgeordneten. Er liebt es, mit OB Erwin seine Kämpfe zu fechten, gerade steht der dritte Prozess der beiden ungleichen Männer an: Erwin soll private Informationen aus der Verwaltung über Laubenburg ausgeplaudert haben. Dafür wettert der Linke gegen jedes Projekt des CDU-Hardliners.Die taz-Prognose?Bangen muss keineR der beiden Müllers, beide haben sichere Plätze auf der Landesliste. Michael wird diesmal Stimmen an die Linkspartei abgeben, Hildegard wird gewinnen. ANNIKA JOERES