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Müll vermeiden, nicht verbrennen

■ Heftige Kritik aus Bonn an der Hamburger Müllverbrennungspolitik Von Florian Marten

Hamburgs SPD-Parteichef und Müllverbrennungsgegner Jörg Kuhbier, die BürgerInnen Wilhelmsburgs, Umweltverbände und Müllinitiativen haben dieser Tage eine ebenso unerwartete wie hochrangige Schützenhilfe für ihr Vorhaben erhalten, Hamburg in letzter Sekunde doch noch vor dem Bau einer neuen Hausmüllverbrennungsanlage am Rugenberger Damm zu bewahren.

Bundesumweltministerin Angela Merkel (CDU) kritisierte jetzt in scharfem Ton jene Kommunen, die trotz absehbar sinkender Hausmüllmengen am Ausbau von Müllverbrennungskapazitäten festhalten und sogar planen, ihre Müllgebühren zu erhöhen. Statt dessen sei eine Reduzierung der Abfallmengen um 40 bis 50 Prozent möglich. Genau mit dieser Argumentation waren Umweltschützer und Müllinitiativen bislang bei Hamburgs Umweltsenator Fritz Vahrenholt auf brüske Ablehnung gestoßen.

Nach einer neuen Untersuchung des Umweltbundesamtes (UBA) geht das Hausmüllaufkommen, anders als bislang vermutet, derzeit in ganz erheblichem Umfang zurück. Der zusätzliche Bedarf an Müllverbrennungsanlagen, so das UBA, halbiere sich. Ursache sind gewandelte Trends im Verhalten von BürgerInnen und Industrie, wie Angela Merkel anerkennend feststellte. Ganz anders dagegen die „entsorgungspflichtigen Körperschaften“, sprich die Kommunen: Hier zeigten sich bittere „Versäumnisse bei zukunftsweisenden Abfallwirtschaftskonzepten“.

Fritz Vahrenholt setzt statt dessen auf den kräftigen Ausbau der Verbrennungskapazitäten. Spätestens 1999 soll der neue Müllofen stehen. Die Hamburgischen Electricitätswerke (HEW), die wie andere Energiemonopolisten gezielt auf die Expansion in den Müllbereich setzen, haben vor wenigen Wochen ihren Antrag zur Errichtung der Anlage bei der Umweltbehörde eingereicht.

Tatsächlich sind die Hamburger Müllberge – gut eine Million Tonnen jährlich – erheblich höher und stabiler als anderswo. Ursache, so meinen Kritiker der Abfallwirtschaftspolitik, sei nicht eine besondere Müllust der Hamburger BürgerInnen, sondern die auffällige Untätigkeit des Stadtstaates. Tatsächlich haben Hamburgs Müllpolitiker später als andernorts und nur sehr zögerlich auf moderne Müllsammlung und Abfallvermeidung gesetzt, zum Teil aus Furcht, Ärger mit der sozialdemokratischen Stammwählerschaft zu bekommen. Insbesondere in Großsiedlungen und in der City findet Müllpolitik praktisch nicht statt.

So hat Hamburg, im Gegensatz zu den führenden deutschen Müllvermeidungsmetropolen, bisher auf getrennte Abfallsysteme bereits im Privathaushalt verzichtet. Auch bei seinen Kompostierungsbemühungen zählt Hamburg zu den Schlußlichtern in Deutschland. Biotonnen wurden bislang nur in Harburg und Bergedorf in nennenswertem Umfang eingeführt – und das allein auf freiwilliger Basis.

Damit bleibt Fritz Vahrenholt, der seine Karriere immer fester an das Rechtsaußenlager der Hamburger SPD bindet, seinem Kurs einer expansiven Hamburger Müllpolitik treu. Trotz erheblicher fachlicher Kritik einiger seiner eigenen Beamten, welche auf verpaßte Chancen in der Abfallvermeidung verweisen, besteht Vahrenholt auf dem Prinzip „Entsorgung geht vor Vermeidung“.

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