was macht eigentlich... … Thilo Sarrazin? : Müll inspizieren
Müll ärgert jeden. Deshalb landet er manchmal nicht in der Tonne, sondern auf den Seiten einer Boulevardzeitung. Seit Tagen demütigen deren Chefs einen Journalisten, der vielleicht mal was werden wollte, indem sie ihn als „Müllinspektor“ neben Müllhaufen stellen. Er trägt dabei einen albernen Trenchcoat und muss mit einem Kugelschreiber auf den Müllhaufen zeigen. Schön ist das nicht, zeigt aber, dass Müll verkaufstaugliche Emotionen schürt.
Derlei Motive Thilo Sarrazin, dem Finanzsenator (SPD), zu unterstellen, wäre Müll, auch wenn er sich in ebenjener Zeitung zu ebenjenem Thema äußert. „Ich bücke mich für ein Bonbonpapier. Und ich finde, das sollte jeder tun“, sagt er und meint den Gehweg vor seiner Haustür. Sarrazin wohnt im Westend, wo er Bonbonpapiere lange suchen muss, weil sie von Gärtnern beseitigt werden, wenn der Wind sie in Villenvorgärten weht.
In anderen Gegenden Berlins, etwa in Nordneukölln, sind Bonbonpapiere auch selten, dennoch wäre der lobenswerte Sarrazin’sche Aufruf mit erheblichem Aufwand verbunden. Der Schreiber (und Anwohner) könnte sich jeden Morgen für mehrere Dinge bücken: einen 80er-Jahre-Fernseher, eine Pressspanplatte, ein zertretenes Klapprad, eine zusammengeschnürte Schaumstoffmatratze mit gelben Flecken, um nur einige zu nennen. Sich bücken ist also nur das eine, das andere ist, „Mitbürger darauf hinzuweisen, dass das nicht in Ordnung ist“ (Sarrazin). Auch dafür möchte man aber eher im Westend wohnen. US
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