■ QUERBILDER: Mr. Holland's Opus
Am Schluß das große Finale. Das ganz große Finale sogar, eins mit Pauken und Trompeten, mit E-Gitarren und glücklichen Gesichtern, mit Tränen in den Augen und all' dem Schmonz, zu dem Hollywood, wenn alle Sicherungen durchbrennen, fähig ist. Am Schluß nämlich erklingt es, das Opus des Mr. Holland. Komponist zu sein, das war sein Lebenstraum. Musiklehrer ist er dann schließlich geworden. Traurig! Aber alle sind sie zu seinem Abschied gekommen, um ihm eine letzte Freude zu machen, als er sein Opus Magnum welturaufführt – seine, natürlich, amerikanische Symphonie. Und so erklingt es denn, das bombastische Musikstück, während Richard Dreyfuss als Mr. Holland minutenlang auf dem Dirigentenpodest steht und die Freuden der allumfassenden Anerkennung erfährt. Was für ein Kitsch!
Ein Film, der mit einer solchen Feier der falschen Gefühle endet, kann schon vorher nicht gut gewesen sein. Und tatsächlich können wir es uns nicht anders vorstellen, als daß man wohl schon taub sein muß oder zumindest gerade noch im Schwerhörigenbereich, um Mr. Holland's Opus – Regie: Stephen Herek – etwas Positives abzugewinnen. Bach, Mozart, Gershwin, Rock'n Roll und die Beatles: alles eins in diesem Film, alles schließlich Musik und irgendwie schön. Und vor allem via Soundtrack wunderhübsch ausbeutbar zur Erzeugung der gerade dramaturgisch naheliegenden Gefühle. Sanftes Moll bei Melancholie, zart flatterndes Klavier bei sich anbahnender Liebe, flotte Klänge beim in Amerika unvermeidlichen Spaß-Haben.
Nebenbei rennt – eins, zwei, drei, im Sauseschritt – die Zeit, und die Bilder, sie rennen mit. Die Geschichte des Mr. Holland erstreckt sich über drei Jahrzehnte. Zu Beginn, wir befinden uns in den frühen Sechzigern, ist er ein hoffnungsfroher Nachwuchskomponist, der sich zwei, drei Jahre ans College verdingt, um danach von Geldsorgen unbeschwert seinem Künstlertum frönen zu können. Dann bekommt seine Frau ein Kind. Geld muß her. Dann ist das Kind leider fast taub, noch mehr Geld für teure Privatschulen muß her... Tja, und irgendwann hat Mr. Holland dann sogar Gefallen an seinem Job gefunden. Eine Einübung ins von den Umständen aufgezwungene Normalwerden, eine banale Entsagungsarie.
Am Rande taucht Geschichte auf. Erst fällt ein Schüler in Vietnam, da sind wir auch schon in der Gegenwart, und die heißt in Amerika Budgets kürzen, Mittel streichen, Gelder zurückhalten. Auch das College muß sparen, Mr. Holland wird entlassen. Das ist die einzige Stelle, an der man unwillkürlich denkt: Richtig so! Wer seine Amerikanische Symphonie am Schluß ertragen muß, kann sich ein wenig Bosheit kaum verkneifen. City, Holi, Mundsburg, Studio
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