Moscheestreit in Hamburg-Billstedt: Ein Minarett ist kein Kirchturm
In Hamburg wächst das Unbehagen über den Neubau einer Moschee im Einwandererstadtteil Billstedt. Ein Minarett passe dort nicht hin, sagen Politiker.
Hamburg taz | Eine Moschee mit Minaretten passt nicht in den Hamburger Stadtteil Billstedt. Das glaubt zumindest Bezirksbürgermeister Markus Schreiber (SPD). "Wenn wir hier Minarette und Muezzinrufe bekommen, haben wir auch sofort eine Bürgerinitiative am Start und die NPD in der Bezirksversammlung", fürchtet Schreiber.
Billstedt ist ein Einwandererstadtteil. Knapp 50 Prozent der Bevölkerung sind nicht-deutscher Herkunft, viele kommen aus Afghanistan. Doch seit bekannt wurde, dass ihr Treffpunkt, die Ibrahim-Khalil-Moschee in der Billstedter Hauptstraße, durch einen siebengeschossigen Neubau samt Minarett ersetzt werden soll, gibt es Ärger.
Bei einem solchen Bauvorhaben müsse zunächst einmal die Bevölkerung gehört werden, sagte der Chef der CDU-Bezirksfraktion, Gunter Böttcher, dem Hamburger Abendblatt. "Es darf nicht sein, dass die Politik dieses Projekt still und heimlich durchwinkt und die Bürger vor vollendete Tatsachen stellt." Mitglieder des Billstedter Bürgervereins hatten vor einer "Großmoschee" gewarnt. Dadurch werde "eine Parallelgesellschaft geradezu gefördert".
26 Meter hoch sind die Minarette der vor einem Jahr eröffneten Rendsburger Centrum-Moschee.
Fünfmal am Tag ruft dort ein Muezzin über Lautsprecher zum Gebet - im Flüsterton.
Die Rendsburger Regelung ist ein Kompromiss: Besorgte Rendsburger Bürger hatten gegen den Muezzin-Ruf protestiert.
Ein Neubau der Centrum-Moschee in Hamburg St. Georg mit 50 Meter hohen Minaretten wurde 2002 abgelehnt.
Der Gebetsruf von den vorhandenen Minaretten ist verboten.
2009 wurden die Kuppeln der Minarette mit grün-weißen Sechsecken verziert.
Die Ibrahim-Khalil-Moschee, ein eingeschossiger Flachbau aus den 50er Jahren, ist von außen kaum als Gotteshaus zu erkennen. Beim Betreten wird einem die Tür gleich durch einen Luftsog aus der Hand gerissen. Schuld sei die mäßige Isolierung, sagt Mohammad Basir, Vorsitzender des Vereins Muhajirin Afghanistan, der die Moschee betreibt. "Schon seit Jahren zeichnet sich ab, dass, wenn unser Verein weiterhin so wächst, hier dringend investiert werden muss."
Eine Sanierung der Moschee hätte mindestens 400.000 Euro gekostet - zu viel für den Verein, der vor zwölf Jahren als Solidaritätsprojekt für Afghanistan entstand. Vor einem Jahr erklärt sich dann ein Investor bereit, einen Neubau mit vier Millionen Euro zu finanzieren.
Von der Kritik an den Neubauplänen habe er erst aus der Presse erfahren, sagt Basir. Seit sechs Monaten lägen sie beim Bauausschuss der Bezirksversammlung Mitte. Mittlerweile gibt es sogar einen Bauvorbescheid, der mit den Stimmen von GAL, SPD und Die Linke erteilt wurde - nur die CDU hat sich dagegen ausgesprochen.
Warum die Pläne jetzt so kritisiert werden, kann der Vorsitzende des afghanischen Vereins nicht nachvollziehen: "Pläne für den Bau einer Kirche werden auch erst vorgestellt, wenn sie halbwegs ausgereift sind. Im Vorfeld wird meistens auch keine Bürgerbefragung gemacht, weil die Bevölkerung einen solchen Bau als natürlich empfindet - aber ein Minarett ist eben kein Kirchturm."
Basir weist auch den Vorwurf zurück, das Vorhaben sei nicht transparent gemacht worden. Nachdem man mit einem jungen deutschen Architektenduo einen ersten Entwurf erarbeitet hatte, habe man gleich Investoren gesucht - öffentlich. "Wir haben im gesamten Stadtteil gesucht, weil wir wissen, dass viele Vereine auch noch neue Räume suchen."
Geplant ist nämlich keine "Großmoschee": die Gebetsfläche im Erdgeschoss soll um mehr als die Hälfte schrumpfen. Nichts werde hier gebaut, was nicht auch wirklich gebraucht wird, sagt Basir. In den oberen Etagen seien ein Kulturzentrum und Altenwohnheim geplant. Das Haus solle offen für "Menschen aller Glaubensrichtungen" sein, sagt Basir. Man habe sehr gute Kontakte zur christlichen Gemeinde, die habe das Bauvorhaben begrüßt.
Die jüngsten Äußerungen von Bezirksamtschef Schreiber bezeichnet Basir als "kurzsichtig". Der Bau von Moscheen sei in Deutschland eben noch "keine Selbstverständlichkeit". Sollte sich herausstellen, dass die Bevölkerung den Anblick eines Minaretts als nicht hinnehmbar empfindet, wäre sein Verein bereit, darauf zu verzichten. "Wir", sagt Basir, "sind für jegliche Form des Gesprächs offen."
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