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Archiv-Artikel

Mord vor Ort

Bremen hat einen neuen Krimihelden: Wilhelm Wagenfeld, Psychoanalytiker. Christa Lamken hat ihn gerade seinen ersten Fall lösen lassen

„An der Bismarckstraße musste er lange warten, bis es eine Lücke im Verkehr gab“: Stadtkrimis sind super, weil sie den eigenen Alltag literarisieren. Man freut sich auch, wenn der Held, ganz wie man selbst es tut, sich fragt: „Würde es jemals einen Bremer geben, der die Stadthalle ,AWD-Dome‘ nennt?“ Jetzt hat ein neuer Bremenkrimi-Protagonist die Bühne betreten, der neben dem Lokalkolorit noch beachtliche weitere Qualitäten mit bringt.

Bei Christa Lamken ist Held „Wilhelm Wagenfeld“ weder ein Designer noch eine schicke Lampe, sondern Psychoanalytiker. 40 Jahre, Junggeselle, der mit seiner Mutter am Osterdeich wohnt. Zufällig lernt er einen kleinen Jungen kennen, der wenig später tot im Bürgerpark aufgefunden wird. Und da ist er schon mittendrin, der Herr Wagenfeld, in einem äußerst verstrickten Kriminalfall. Mit dabei: Ein magenkranker Kommissar, ebenso griesgrämig wie erfahrungsgestählt, der dazugehörige Assistent und eine schön-geheimnisvolle Galeristin. Schließlich verweist der Fall unter anderem ins Künstlermilieu – schon bei Kai Artingers „Mord in Worpswede“ hatte sich die Mordconnection Bremen-Teufelsmoor als äußerst produktiv erwiesen. Konsequenterweise verweist deswegen schon der Titel („Paulas Bild“) auf entsprechende Fährten und Indizien, die sich zu einem ziemlich komplexen Gesamtbild verdichten.

Mit erfreulichem Tempo geht Lamken durch die Geschichte, kurz angerissene Szenen skizzieren ein breites Personenaufgebot, das trotzdem plastisch wird. Der Mord selbst bleibt bis kurz vor knapp mysteriös, wie sich das gehört – wie aber verschlingen sich die gesammelten Einzelschicksale zum alles erklärenden Knoten?

Ein bisschen zu dicke. Am Schluss also kulminiert die im Prinzip traditionelle Krimi-Struktur in einem hochkomplexen, generations- und geschichtsübergreifenden Plot, in den man einiges Nachdenken investieren muss – aber: Man hat Lust, die dazu erforderliche Zeit zu investieren. Christa Lamke, von Haus aus Sozialwissenschaftlerin, ist mit „Paulas Bild“ ein beachtlicher Erstling gelungen, dem weitere folgen sollen.

Henning Bleyl

Christa Lamken: Paulas Bild, Schardt-Verlag Oldenburg, 12,80 Euro. Der genaue Termin der für Ende Februar geplanten Lesung (Buchhandlung Bahlke in der Pappelstraße) wird noch angekündigt