Mord-Ermittlungen in Berlin: Brandanschlag auf Polizeiwache
Vermummte werfen Brandsätze auf eine Polizeiwache in Berlin-Friedrichshain - und entkommen unerkannt. Die Polizei ermittelt wegen versuchten Mordes.
Der Anschlag kündet von einer neuen Stufe der Gewalt gegen Polizisten: Unbekannte haben am frühen Montagmorgen die Friedrichshainer Polizeiwache in der Wedekindstraße mit Brandsätzen beworfen. Ein Gebäudereiniger, der sich im Foyer befand, konnte vor den Flammen gerettet werden. Erstmalig nach einem derartigen Anschlag ermittelt die Polizei wegen versuchten Mordes sowie versuchter schwerer Brandstiftung.
Laut Polizei sollen "mindestens sechs" vermummte Personen zunächst "Krähenfüße" - also spitze Metallhaken - an den Kreuzungen rund um die Wache ausgelegt haben, um eine Verfolgung zu erschweren. Als ein 27-jähriger Gebäudereiniger das Polizeigebäude betreten habe, seien drei Molotowcocktails in das Foyer geworfen worden. Beamte hätten die noch verschlossene Innentür geöffnet und den Mann so in Sicherheit gebracht. Parallel seien Steine auf Fensterscheiben geworfen worden.
Der Leiter der Wache sei aus einem Fenster im Erdgeschoss gesprungen um die Verfolgung aufzunehmen, so die Polizei weiter. Ihm sei es gelungen, einen der auf Fahrrädern flüchtenden Täter zu fassen. Dieser habe sich gewehrt, wobei der Beamte gestürzt sei. Der Vermummte konnte ebenso wie seine Mittäter entkommen.
Polizei und Staatsanwaltschaft hängen den Fall hoch: Sie haben ein Ermittlungverfahren wegen versuchten Mordes eingeleitet. Neben einer Mordkommission ermittelt auch der Staatsschutz. Es sei davon auszugehen, dass es sich um eine politische motivierte Tat handelt, sagte Innensenator Ehrhart Körting (SPD). Polizeipräsident Dieter Glietsch nannte es wahrscheinlich, dass "linksextreme Täter" dahintersteckten. Dafür sprächen "Art und Weise" des Anschlags. Die Angreifer hätten ihre Tat offenbar geplant und "die Situation ausgenutzt", als die Reinigungskraft Einlass begehrte. "Die Täter hätten wissen müssen, dass sie das Leben des Mannes gefährden", so Glietsch.
Konkrete Erkenntnisse, die auf einen Zusammenhang mit dem bevorstehenden 1. Mai oder der Räumung des linken Hausprojekts Liebig 14 schließen ließen, gebe es nicht, betonte Körting. Die Wache war zuständig für die Räumung des früheren Szeneobjekts. Ein Bekennerschreiben ist laut Polizei noch nicht aufgetaucht.
Die CDU nannte den Anschlag "beängstigend". "Dieser Vorfall zeigt, dass die linksextreme Szene jederzeit zuschlagen kann", sagte CDU-Fraktionschef Frank Henkel. Angesicht des 1. Mai müsse die Tat als Warnung verstanden werden. Henkel forderte eine Debatte über "linken Terror". Auch die Grünen verurteilten den "feigen Anschlag". Ein Mitorganisator der "Revolutionären 1. Mai-Demo" wollte sich zu der Tat nicht äußern. Er werde sich an Spekulationen nicht beteiligen.
Der Anschlag reiht sich ein in eine Serie von Angriffen auf Polizeigebäude. Vor zwei Wochen hatten Unbekannte vor einer Wache in Wittenau Krähenfüße ausgelegt. Die Reifen von sieben Einsatzwagen wurden beschädigt. Ende Januar flogen Steine auf das Gebäude des Polizeiverkehrsdienstes in Adlershof. In der Silvesternacht trafen Flaschen und Steine die Wache in der Invalidenstraße in Mitte. "Polizeigewalt wird immer unseren Widerstand entfachen", hieß es damals in einem Bekennerschreiben.
Auch vor und nach der Räumung der Liebig14 kam es zu Angriffen auf Polizeiobjekte. Brandanschläge gab es in den letzten Jahren dagegen nur zwei: Im August 2008 auf eine Wache in Pankow und im Dezember 2009 auf ein Gebäude des BKA in Treptow. Menschen wurden in beiden Fällen nicht verletzt.
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