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■ Kommentare Affären sind meist BefreiungsschlägeMonopol ist negativ

Der bürgerlichen Ehe ist, auch wenn sie gut funktioniert, etwas Erdrückendes eigen, aus dem sich viele Ehemänner und zunehmend mehr Ehefrauen durch außereheliche Beziehungen befreien. In der Mehrzahl der Fälle handelt es sich dabei um eine rein sexuelle Angelegenheit. Die Männer haben es schon immer verstanden, die Sexualität von der Liebe zu trennen. Die Frauen hingegen sind erzogen, die Sexualität mit anderen Ingredienzen zu mischen, die ihr eine höhere Qualität verleihen.

Heute findet eine gegenseitige Beeinflussung statt – Männer werden weiblicher, Frauen männlicher. Mit der Zunahme der Zweideutigkeit nehmen auch die außerehelichen Beziehungen zu. Die sind mit Zuneigung und Solidarität in einer Paarbeziehung vereinbar, solange die Diskretion gewahrt bleibt. Manchmal wird die außereheliche Sexualität kompliziert. Was zunächst nur die Langeweile verscheuchen sollte, wird zu etwas anderem und kann selbst zur Scheidung führen. Scheidungen sind heute nicht mehr die Lösung eines Konflikts, sondern die Feststellung des Scheitern einer Liebe und der Ausgangspunkt für ein neues Verlieben. Man hält länger durch, und viele ziehen aufeinanderfolgende Monogamien außerehelichen Affären vor.

Andererseits ist die Affäre ein Zeichen für die Komplexität der menschliche Psyche. Die Sexualität, vor allem die männliche, ist ein armseliger Anzeiger unserer Persönlichkeit und kann zum reinen Ausleben eines instinktiven Impulses werden. Zuneigung ist etwas anderes, man kann mehrere Personen gleichzeitig mögen. Die Zuneigung hat nicht unbedingt eine sexuelle Komponente und bedarf auch keiner Häuslichkeit. Manchmal sind Sexualität und Häuslichkeit sogar die schlimmsten Feinde der Zuneigung. Viele Verheiratete empfinden mehr Zuneigung für ihre Geschwister oder für ihre Freunde als für ihren Partner, auch wenn sie sich mit dem gut vertragen.

Sich in einer einzigen gefühlsmäßigen Beziehung abzuschließen und ein gefühlsmäßiges Monopol aufzubauen, ist eher negativ und wird uns von einer bürgerlichen Gesellschaftsordnung aufgezwungen, die die Gesellschaft starr durchzuorganisieren versucht. In den neuen Szenarien der Freiheit und Vielfältigkeit gibt es jedoch einen Schatten, das Gespenst des Aids, dessen Auswirkungen die Spontaneität eingrenzen. Alberto Moncada

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