■ Moneta: Lächeln sie wieder?
Im Land des Lächelns war die aufgehende Sonne zumindest auf dem Börsenparkett zur Rarität der besonderen Art geworden. Seit dem Platzen der Immobilienblase im Jahr 1989 kannten Japans Aktien nur eine Richtung: abwärts. Mit einer fulminanten Erholung beflügelten sie 1999 so manches Aktiendepot, um dann im Geiersturzflug den allgemeinen Abwärtssog des Jahres 2000 solidarisch zu unterstützen. Im März 2001 markierte der Nickei 225 sogar den tiefsten Stand seit 15 Jahren. Japans Banken noch immer in Krisenstimmung ob der faulen Immobilienkredite, Japans Währung wieder fallend, Japans Konsumentenvertrauen wieder rückläufig, Japans Staatsfinanzen kurz vor dem Bankrott. Na klasse.
Das alles hinderte den Nikkei nicht daran, sich innerhalb von nur fünf Wochen um satte 20 Prozent zu erholen. Warum? Weil die Japaner wieder hoffen können. Denn völlig überraschend wurde Junichiro Koizumi zum Premierminister gewählt. Der 59-Jährige ist nicht nur sehr beliebt bei der Bevölkerung, er gilt vor allem als derjenige mit den radikals-ten Strukturplänen. Die verkrusteten japanischen Strukturen warten schon lange darauf. Und genau so, wie der aktuelle Kurs des Euro die strukturelle Schwäche der europäischen Wirtschaft dokumentiert, andererseits – gerade für Deutschland – erhebliche Wettbewerbsvorteile im globalen Handel schafft, dürfte sich auch der jetzt schwächere Yen als Stütze für ein wieder erstarkendes Japan erweisen.
Mitten in einer Wirtschaftskrise gigantischen Ausmaßes steigen die Kurse japanischer Aktien. Ein Lehrbuchstück in Sachen Börsenpsychologie. Was wollen die Kommentare derer bewirken, die uns eine Erholung für Dow, Nasdaq und Co erst für das vierte Quartal 2001 prognostizieren – mit der Begründung, erst dann würde die Wirtschaft wieder „anziehen“? Sie könnten uns ein Lächeln entlocken. Das soll gesund sein!
Susanne Kazemieh
Die Kolumnistin ist Finanzmaklerin und Gründerin der FrauenFinanzGruppe, Schrammsweg 15, 20249 HH, Tel.: 4607 3337, eMail: Info@FrauenFinanzGruppe.de
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen