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Archiv-Artikel

Mogelpackung oder großer Wurf?

Senat berät Kaufvertrag für Landesbetrieb Krankenhäuser (LBK). Nur 19 Millionen des Kaufpreises fließen in bar, der LBK soll an die Börse. Ver.di kündigt Protestaktionen der LBK-MitarbeiterInnen an

Von Marco Carini

Der Deal steht. Auf über 100 Seiten haben die Hansestadt Hamburg, vertreten durch die Senatoren Jörg Dräger (parteilos) und Wolfgang Peiner (CDU), sowie der private Klinikkonzern Asklepios die Übergabebedingungen für den Landesbetrieb Krankenhäuser (LBK) geregelt. Anfang September soll der Senat den Verkauf besiegeln, kurz darauf dann die Bürgerschaft der Privatisierung der sieben Kliniken und 25 LBK-Tochtergesellschaften zustimmen.

Bereits zum 1. Januar soll der LBK in die Hände von Asklepios übergehen. Der Königsteiner Klinikbetreiber erhält zwar zunächst nur 49,9 Prozent der LBK-Anteile, übernimmt aber die unternehmerische Leitung und stellt fünf der acht Aufsichtsmitglieder der Arbeitgeberseite. Zum 1. Januar 2007 erhält Asklepios dann weitere 25 Prozent der LBK-Anteile. Zu diesem Zeitpunkt tritt auch das verbriefte Rückkehrrecht von 7.000 bis 8.000 LBK-MitarbeiterInnen in Kraft, die schon seit Jahren in dem Krankenhausunternehmen arbeiten.

Zwei Jahre hat Asklepios damit Zeit, die altgedienten LBK-Bediensteten von ihren neuen Arbeitsbedingungen zu überzeugen – gelingt dies nicht, steht der neue LBK plötzlich fast ohne Personal da, während die Stadt mehrere tausend Krankenhausbedienstete auf nicht vorhandenen Stellen unterbringen muss.

Der Kaufpreis für die 74,9 LBK-Prozent, die Asklepios erwirbt, beträgt zwischen 243,6 und 318,6 Millionen Euro, je nachdem, wie sich der LBK in den kommenden Jahren wirtschaftlich entwickelt. Davon fließen laut Finanzsenator Wolfgang Peiner nur 19 Millionen Euro in bar. Der Kaufpreis wird zum Großteil durch eine komplizierte Umschuldung beglichen. Von den 529 Millionen Euro Verbindlichkeiten, die der LBK gegenüber der Landeshauptkasse hat, übernimmt Asklepios rund 200 Millionen Euro.

Daneben bringt das Königsteiner Unternehmen seine Rissener und Bad Schwartauer Klinik mit einem Schätzwert von 74,4 Millionen Euro in den LBK mit ein. Der Großteil der Altschulden, die der LBK vor allem durch Pensionslasten aufgehäuft hat, verbleibt aber bei der Stadt. Da Peiner von knapp einer Milliarde Euro Gesamtschulden des LBK ausgeht, rechnet er damit, dass die Stadt auf absehbare Zeit jährlich 50 Millionen Euro für die Bedienung der Verbindlichkeiten aufbringen muss. Peiner: „Wenn man ein Unternehmen verkauft, dessen Wert sich auf 350 Millionen Euro, dessen Verbindlichkeiten sich aber auf über 900 Millionen Euro belaufen, ist es klar, dass man die Schulden nicht vollständig los wird.“

Damit die medizinische Grundversorgung in Hamburg sichergestellt bleibt, verpflichtet sich Asklepios, auch wenig lukrative Bereiche wie etwa die Drogenambulanzen oder den Maßregelvollzug im Klinikum Nord weiterzuführen. Auch muss der Klinikbetreiber, dessen Stammsitz nach Hamburg verlegt wird, bis 2009 jährlich 30 Millionen Euro in die Modernisierung des neuen LBK investieren.

Um das nötige Eigenkapital aufzubringen, soll Asklepios bis 2009 eine der LBK-Kliniken verkaufen und das Unternehmen an die Börse führen. Seine eigene Beteiligung am LBK darf Asklepios laut Vertrag aber bis zum Jahr 2021 nicht abgeben.

Betriebsbedingte Kündigungen wird es nur bis Ende kommenden Jahres nicht geben – danach entscheidet die wirtschaftliche Lage. Zudem soll ein neuer Haustarifvertrag ein leistungsorientierteres Entlohnungsmodell etablieren.