Mönchengladbach in der Relegation: Die Statistik spricht für Bochum

Borussia Mönchengladbach muss in der Relegation nicht nur den VfL Bochum bezwingen, sondern auch Stefan Effenberg. Eine Niederlage würde ihm nützen.

Bochums Ümit Korkmaz (links) beim Spiel gegen den MSV Duisburg. Bild: dpa

Es sind gewaltige Kräfte, die derzeit auf Max Eberl einwirken, denn der kleine Sportdirektor von Borussia Mönchengladbach kämpft an ganz unterschiedlichen Fronten um die Zukunft seines Klubs.

Die Borussia trifft am Dnnerstagabend im Relegationshinspiel um den letzten verbleibenden Bundesligastartplatz auf den VfL Bochum (20.15 Uhr, ARD), und dort geht es nicht nur um den Klassenerhalt. Eberls Werk der vergangenen drei Jahre steht auf dem Spiel. Eine Niederlage würde der Revolutionsbewegung "Initiative Borussia", die Eberl absetzen möchte, in die Karten spielen.

Allgemeine Anspannung

Die Anspannung ist dem 37-Jährigen anzumerken. Und die Unruhestifter machen ihn wütend. "Läuft es gut, dann liegt es an den Spielern und dem Trainer, läuft es schlecht, dann ist der Idiot von Sportdirektor oder Präsident schuld", sagt Eberl, der während der vergangenen Wochen mächtig unter diesem Mechanismus zu leiden hatte, denn in Mönchengladbach gibt es neue Helden.

Lucien Favre zum Beispiel, den Trainer, den Eberl an den Niederrhein holte. Oder Torhüter Marc-André ter Stegen, der in der von Eberl konzipierten Jugendakademie ausgebildet wurde. Oder Dante, Marco Reus, Martin Stranzl und Mike Hanke, lauter Leute, die Eberl nach Mönchengladbach gelockt hat.

Lob erhält der Sportdirektor dafür nicht. "Ich bin bestimmt nicht der, der sich hinstellt und sagt: "Bitte, bitte gib mir auch mal einen Tropfen ab", aber ein bisschen Anerkennung würde schon gut tun in dieser Situation. Statt gelobt zu werden, steht Eberl im Mittelpunkt der Kritik.

Stefan Effenberg will Eberl stürzen

Eberl habe viel zu lange am im Februar entlassenen Trainer Michael Frontzeck festgehalten, sagen einige Leute, und der TV-Experte Stefan Effenberg arbeitet in einer Tour daran, Eberl zu stürzen. Die Galionsfigur der Revolutionäre wirbt für eine Satzungsänderung, über die am 29. Mai auf der Jahreshauptversammlung abgestimmt wird. Ist Effenberg erfolgreich, könnte er selbst Sportdirektor werden, der gegenwärtige Amtsinhaber wäre raus. Kein Wunder, dass Eberl aufgebracht ist über den "negativen Einfluss von Außen" zur Unzeit. Wenn die Initiative ihre Mehrheit zustande bekommt, ist nicht nur Eberl weg, auch die Tage von Präsident Rolf Königs wären gezählt.

Das macht das Abstiegsszenario so bedrohlich, denn "sportlicher Misserfolg ist immer ein Nährboden für Stimmungen im Verein, und das ist gefährlich, wenn es um solche weittragenden Entscheidungen geht", sagt Eberl.

Klubanteile könnten sehr wohl verkauft werden

Auch wenn die Putschisten versichern, keine Klubanteile zu verkaufen, wäre ein solcher Schritt theoretisch möglich – falls die Satzung geändert wird. Und was genau Effenberg besser machen möchte, ist so unklar wie die Zusammensetzung des Sportbeirats, den der ehemalige Nationalspieler installieren will.

Die Initiative emotionalisiert, und sollte die Borussia die Klasse halten, blieben Effenberg kaum noch Argumente für seine Pläne. "Am langen Ende geht es nicht um Stimmungsmache, sondern um Konzepte", findet Eberl. Und konzeptionell befindet die Borussia sich tatsächlich auf einem ganz guten Weg. Die Mannschaft funktioniert, der Trainer passt, das Nachwuchszentrum gilt als vorbildlich. Nach der unglaublichen Aufholjagd landete der Rauten-Klub in der Rückrundentabelle mit 26 Punkten auf Platz sieben. Auch deshalb glaubt Eberl, dass der emotionale Vorteil, der in der Relegation normalerweise auf der Seite des Zweitligisten liegt, in diesem Jahr keine Rolle spielt.

Auf Augenhöhe

"Normal sagt man, der Erstligist muss in die Relegation, in unseren Fall kann man sagen, der Erstligist darf in die Relegation, das hat vor sieben Wochen niemand für möglich gehalten." Anders als sonst misst sich in diesen Entscheidungsspielen keine Verlierermannschaft aus dem Oberhaus mit einem Gewinnerteam aus der Zweiten Liga. Deshalb erwartet Eberl eine "Begegnung auf Augenhöhe".

In jedem Fall wird es ein Strategiespiel zweier Trainerfüchse. Favre, der die Chancen auf 50:50 beziffert, studiert seit Tagen DVDs und tüftelt an taktischen Feinheiten, und Bochums Friedhelm Funkel ist ein routinierter Aufstiegskämpfer, dessen Mannschaft versuchen wird, die Gladbacher aus der Deckung zu locken.

Die Statistik spricht gegen Mönchengladbach, keines der letzten 15 Pflichtspiele konnte die Elf vom Niederrhein gegen den VfL Bochum gewinnen, aber Max Eberl schöpft selbst aus diesen Zahlen Zuversicht. "Wir haben auch 16 Jahre in Leverkusen nicht mehr gewonnen und 23 Jahre in Hannover, komischerweise waren wir jetzt in beiden Spielen erfolgreich", sagt er. Diese Fußballsaison ist eben einfach unberechenbar.

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