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Möllemann ante portas!

■ Wer wird der neue Bundeswirtschaftsminister? MIT DEN KANDIDATEN AUF DU UND DU

Berlin (taz) — Otto Graf Lambsdorff, weiterhin wirtschaftspolitische Leitfigur der FDP, gab sich von der Ankündigung seines Parteifreundes Helmut Haussmann überrascht. Doch daß der Noch- Bundeswirtschaftsminister nicht mehr in das neue Kabinett Kohl will, pfiffen die Spatzen schon seit Monaten von den Dächern. Haussmann will nun einen Top-Job in der baden-württembergischen Industrie. Den wird er auch bekommen, denn der Minister weiß immerhin recht genau, was in den steuer-, wirtschafts- und finanzpolitischen Töpfen in Bonn brodelt. Daimler- Benz in Stuttgart allerdings, das sagt er selbst, wird nicht sein neuer Arbeitgeber sein.

Verständlich, daß er nicht auf diese Art von seiner Amtszeit eingeholt werden will. Sie begann schließlich mit einer Altlast seines Amtsvorgängers Bangemann: der Fusion von Daimler-Benz und MBB, die er ohne großes Geschick per Ministererlaubnis durchsetzte. Doch seine „Glücklosigkeit“ wurde vollends offenbar, als es an die ökonomische Integration erst der DDR und dann der fünf neuen Länder ging. Zu keiner Zeit war er mit Ideen oder Initiativen aufgefallen, sondern rettete sich in den „täglichen Haussmann“, irgendeine optimistische Ankündigung — wenn er sich nicht gerade seinem Lieblingsthema, dem Mittelstand, widmete. Als die Diskussion um die Privatisierungspolitik der Treuhand voll ausbrach, hatte er bereits die Lust am Amt verloren. Und auch beim Abbau von Subventionen oder der EG-Integration, liberalen Standard-Themen, ist er kaum vorangekommen.

Und nun? Lambsdorff will das Amt nicht, hat er bekanntgegeben. Derzeit werden zwei Kandidaten gehandelt, Noch-Bundesbildungsminister Jürgen Möllemann, und Hermann-Otto Solms, Haushaltsexperte der FDP-Fraktion. Solms, 49, wäre der „Wirtschaftsprinz“ — schließlich heißt er mit vollem Namen Prinz zu Solms-Hohensolms- Lich. Im Privatberuf Computerunternehmer, gehört er in die rechtsliberale Ecke der FDP, war immer für die Koalition mit der CDU und versteht sein Handwerk. Solms hat sich immer wieder in die Steuer-, Kredit- und Haushaltsdiskussionen eingemischt und ist gnadenloser Verfechter einer Wirtschaftspolitik, die den Staatsanteil senkt und Unternehmern (noch) freiere Hand läßt. Möllemann, 45, ist in vielem das Gegenteil. Der gelernte Lehrer und Reserveoffizier, der auch als Stoltenberg-Nachfolger für das Verteidigungsministerium im Gespräch ist, gehört politisch eher zur mittleren Strömung in der FDP. Der Genscher-Zögling gilt allerorten als mediensüchtig und gnadenloser Streber — „ambitioniert“ sei er, lautet die Sprachregelung in Bonn. Vom Wirtschaftsressort versteht Möllemann kaum etwas, aber das war ihm in seiner Karriere schon immer egal. Für einen unkonventionellen Spruch oder eine überraschende Tat ist der Minister immer gut: So war er für die Einführung der Neutronenbombe, ist aber gegen den Jäger-90, wirft auch schon einmal Israel Staatsterrorismus vor und trifft sich mit PLO- Chef Arafat. Nur mit Wirtschaft hat all das nichts zu tun. Dietmar Bartz

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