piwik no script img

Möglicher Spitzenkandidat de JagerStressresistent in Kiel

Die CDU Schleswig-Holstein muss nach dem Boetticher-Rückzug die Spitzenposten neu besetzen. Jost de Jager hat beste Chancen. Bodenständig, aber nichts für Bierzelte.

Steht nach von Boettichers Fall vor dem Aufstieg: Jost de Jager. Bild: dpa

Eine Mauer aus Menschen in wespengelben T-Shirts, Sprechchöre mit "Lügner, Lügner" und "Rücktritt, Rücktritt", dazwischen ein Mann im dunklen Anzug. Mit unbewegtem Gesicht stand Jost de Jager, Wirtschafts- und Wissenschaftsminister Schleswig-Holsteins, vor den Studierenden der Lübecker Universität, die gegen die drohende Schließung ihrer Uni protestierten. Auftritte wie dieser trugen dazu bei, dass der 46-Jährige als "extrem stressresistent" gilt.

Diese Fähigkeit braucht der CDU-Politiker dringend: Nach dem Rücktritt des bisherigen Spitzenkandidaten für die Landtagswahl im kommenden Mai, Christian von Boetticher, könnte de Jager den Posten übernehmen. Auch für den Landesvorsitz ist er im Gespräch. Von Boetticher hat wegen der Beziehung zu einer Minderjährigen beide Ämter niedergelegt.

De Jager gilt als "bodenständig": Geboren wurde er 1965 in Rendsburg, im Zentrum Schleswig-Holsteins, wo er noch heute mit Frau und Tochter wohnt. Nach dem Wehrdienst studierte er in Kiel Geschichte, Englisch und Politik. Nach einem Studienaufenthalt in Belfast und der Magisterprüfung volontierte de Jager beim evangelischen Pressedienst in Kiel. Seit 1996 sitzt er im Landtag, kümmerte sich um Bildungsfragen und Hochschulen.

Entscheidungstag

Nach dem Rücktritt ihres Landeschefs und Spitzenkandidaten Christian von Boetticher will Schleswig-Holsteins CDU heute die Weichen für seine Nachfolge stellen. Zunächst kommt (12.00 Uhr) die Landtagsfraktion zusammen. Am Abend (18.30 Uhr) will der erweiterte Landesvorstand den kommenden Fahrplan erörtern. Jost de Jager hat bereits seine Bereitschaft zu einer SPitzenkandidatur signalisiert. Auch der Landesparteivorsitz könnte auf ihn hinauslaufen. Für den Fraktionsvorsitz sind drei Namen in der Diskussion: die stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Hans-Jörn Arp und Johannes Callsen sowie der Finanzexperten Tobias Koch. (dpa/dapd)

Unter der schwarz-roten Regierung war er Staatssekretär im Wissenschafts-, Wirtschafts- und Verkehrsministerium, in der aktuellen schwarz-gelben Regierung ist er zum Minister aufgestiegen und gilt als einer der "Leistungsträger". Zu seinen Aufgaben gehört das Universitätsklinikum, für das er sich private Investoren vorstellen kann. Er setzt auf Windkraft, dennoch kommt der Ausbau gerade von Offshore-Parks vor den Küsten nur langsam voran. In der Krisenzeit lag auch die Aufsicht über die marode HSH Nordbank in seinem Ressort.

Der "Minister für Verlässlichkeit" - so nannte ihn eine Zeitung - gehe stets gut vorbereitet in Gespräche, heißt es. Im Landtag punktete er jüngst mit Redebeiträgen. Dennoch ist der Mann mit der randlosen Brille wohl keiner, der rhetorisch ein Bierzelt zu Begeisterungsstürmen hinreißen kann.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • P
    pippen

    Stressresistenz ist gut. Es ist wohl eher die Resistenz gegen Argumente und Fakten. De Jager handelte frei nach dem Motto: "Niemand hat die Absicht eine Uni hinzurichten".

    Ich empfehle hierzu folgende Lektüre: http://www.eine-stadt-sieht-gelb.de/

  • P
    pippen

    Stressresistenz ist gut. Es ist wohl eher die Resistenz gegen Argumente und Fakten. De Jager handelte frei nach dem Motto: "Niemand hat die Absicht eine Uni hinzurichten".

    Ich empfehle hierzu folgende Lektüre: http://www.eine-stadt-sieht-gelb.de/

  • E
    EinKieler

    Sie sind sicher, dass sie nicht Jost de Jager meinen?