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Möglicher Ausstieg aus der Formel 1Rennzirkus ist den Grünen zu teuer

Rheinland-Pfalz soll für 17 Millionen Euro Schulden des Nürburgrings geradestehen. Rot-Grün will nicht - und drängt auf einen Ausstieg aus dem Rennzirkus.

Rheinland-Pfalz hat genug von den Schulden und drängt auf einen Ausstieg aus der Formel 1. Bild: dpa

FRANKFURT/M. taz | Lewis Hamilton hat das Grand-Prix-Autorennen der Formel 1 an diesem Sonntag auf dem Nürburgring in der Eifel gewonnen - und ist vielleicht der letzte Champion auf der legendärsten Rennstrecke Mitteleuropas. Ob die geschlagene Konkurrenz noch einmal die Chance zu einer Revanche bekommt, ist mehr als fraglich. Denn die Grünen in der neuen rot-grünen Landesregierung drängen auf den Ausstieg aus dem Rennzirkus. Unterstützung bekommen sie dabei vom Bund der Steuerzahler.

Das überschuldete Land Rheinland-Pfalz, so die Argumentation, dürfe nicht länger für die Defizite geradestehen, die an den Renntagen der Formel 1 in der strukturschwachen Eifel eingefahren werden. 13 Millionen Euro hatte die sozialdemokratische Alleinregierung unter Ministerpräsident Kurt Beck noch in den Landeshaushalt 2011 eingestellt, mit denen Schulden der Betreibergesellschaft Nürburgring Automotive GmbH getilgt werden sollten. Nach einer offiziell nicht bestätigten Meldung des Handelsblatts muss nach dem Ende der jüngsten drei Renntage sogar ein Defizit von 17 Millionen Euro mit Steuergeld ausgeglichen werden.

Dabei steht Rheinland-Pfalz ohnehin schon kurz vor dem Bankrott. Rund 35 Milliarden Euro beträgt der aktuelle Schuldenstand. Das jedenfalls rechnete der Bund der Steuerzahler Beck gerade vor. Würden ab sofort täglich 1 Million Euro davon getilgt, bräuchte das Land 94 Jahre dafür. "Man müsste eigentlich alle Landesrechnungshofberichte der Staatsanwaltschaft vorlegen", sagt der Vorsitzende des Steuerzahlerbundes Rheinland-Pfalz, Wilhelm Wallmann. Der Nürburgring sei ein "Loch" zur Versenkung von Steuermilliarden.

Besuchermagnet Nürburgring

Den Grünen platzte jetzt der Kragen. Wirtschaftsministerin Eveline Lemke jedenfalls will dem Ring den Geldhahn zudrehen. Doch sie ist nach dem Neuzuschnitt des Ressorts Wirtschaft nur noch als Tourismusverantwortliche für den Ring zuständig. Der Bereich Infrastrukturpolitik wurde in den Koalitionsverhandlungen im Frühjahr dem sozialdemokratisch geführten Innenministerium zugeschlagen. Lemke darf sich um den "völlig überdimensionierten" (Grüne), mit insgesamt 400 Millionen Euro an Steuergeldern bezuschussten Freizeitpark am Ring mit der angeblich größten Achterbahn der Welt kümmern.

Die als Besuchermagnet konzipierte Bahn konnte auch an diesem Rennwochenende nicht fahren, weil immer noch keine Betriebsgenehmigung vorliegt. Zuletzt war ein Stahlträger abgerissen. "Wir sind gespannt, ob Ministerpräsident Kurt Beck den Start des Ring Racers noch in seiner Amtszeit wird erleben dürfen", höhnte die CDU.

Den Löwenanteil der Gelder steckt übrigens Formel-1-Promotor Bernie Ecclestone ein. Ein Teil fließt an die Rennställe.

Die rot-grüne Koalition aber steht vor einer Zerreißprobe. Die Subventionen für den Nürburgring und den Flughafen Hahn sind strittig. Und im Koalitionsvertrag finden sich dazu nur schwammige Formulierungen. In der Eifel etwa probten Lokalpolitiker, Gastronomen und Hoteliers, die alle vom Ring profitieren, schon einmal den Aufstand. Sie prophezeien "bittere Armut" für die Region, falls die Landesregierung die Subventionen für das "Traditionsrennen" tatsächlich streichen sollte. Und letztlich seien ja auch sie alle Steuerzahler.

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8 Kommentare

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  • V
    vic

    Sehr lustig, "Thomas Sch"

    Echt!

    So viele Worte. So wenig Essenz.

  • V
    vic

    Motorsportfans geben doch gerne ihr Geld aus für stinkreiche übchen, die teure Autos im Kreis rum fahren, natürlich ohne auf Vebrauchswerte zu achten.

    Dadurch werden nicht nur die Bübchen, sondern auch ihre stinkreichen Manager immmer stinkreicher. TV-Anstalten und Werbe-Industrie freuen sich auch.

    Was sind da schon ein paar Mrd.

  • H
    Hanno

    Die Hoteliers und Gaststätten dürfen ja gerne mit ihrem persönlichen Profit einspringen, den sie an dem Wochenende machen, wenn ihnen das ganze so wichtig ist. Warum der Steuerzahler die Phantasiegehälter von Formel 1-Plioten subventionieren soll, entzieht sich meinem Verständnis.

  • K
    Kurt

    @Thomas Sch.

     

    Sie sind offensichtlich nicht wirklich mit Motorsport bewandert.

     

    Es geht nicht darum den Motorsport vom Ring zu verbannen, sondern um eine teure, dem Land nichts bringende Formel1-Lizenz.

     

    Motorsport gibt es an 365 Tagen auf dem Ring.

     

    Die Formel1 macht hier gerade mal 3 Tage in 700 Kalendertagen aus.

     

     

    Der Motorsport ist also nicht bedroht. Sie dürfen das 3-Tage Event alle 2 Jahre aber gerne aus eigener Tasche bezahlen.

  • TS
    Thomas Sch.

    (für die "Intelletktualspezialisten unter dem Lesern der Hinweis: Achtung Satire!)

    Nein sowas. Die pösen Puben verpallern das Penzin. Die Formel Eins ist dafür verantwortlich, daß wir so einen schlechten Sommer haben, weil die das Weltklima mit dem Rennen ganz bestimmt um 0.0000000000001 Grad schlimmer wird. Deshalb: Schluß mit dem plöden Rumgefahre. (Hinweis: Satire endet hier).

    So gesehen kann man fast alles verbieten. Fast alles kostet Geld, was man ja eigentlich besser einsparen könnte. Und überall, wo nur eine einzige Glühbirne brennt, die nicht überlebensnotwendig ist, kann man behaupten, daß das überflüssig ist. Das, liebe Autoren, ist genau das, was beim normalen Bürger als Ökofaschismus rüberkommt. Sorry, ein Hammerwort, aber wer so argumentiert, darf sich nicht wundern, denn mit derselben pseudologischen Art und Weise zu argumentieren, kann ich nicht nur jeden Rummelplatz stillegen, sondern jedes Kaufhaus, jeden privat genutzen Computer, jedes Handy, das nur für´s Quatschen benutzt usw. Das kommt nicht rüber als Ökologie oder Sparsamkeit, sondern als Willkürmaßnahme. Da verfärbt sich der grün gemeinte Ansatz ganz schnell eher bräunlich.

  • K
    Kurt

    "Den Löwenanteil der Gelder steckt übrigens Formel-1-Promotor Bernie Ecclestone ein."

     

    Da haben wir dann auch den Knackpunkt. Übrigens findet das Rennen der Formel1 sowieso nur alle 2 Jahre (im Wechsel mit Hockenheim) statt. Die Hoteliers ("o"-Ton) und Gaststätten können mir nicht erzählen, das ihre Existenz alleine an einer Formel1 hängt, die innerhalb vn 700 Tagen nur 3 Tage anwesend ist.

     

    Der Ring bietet doch weitaus mehr lohnenswerte Rennen. Die Formel1 kostet nur. Tribünen sind seit Jahren nicht mehr vollständig besetzt. Wir subventionieren damit nur einen Engländer, der in der Vergangenheit öfter Sympathien für den "Führer" äußerte.

     

    Wollen wir dafür wirklich weiter unsere Steuergelder verschwenden???

  • R
    Rene

    17.000.000€!!! Mich würde mal interessieren wie viele marode Schulen man damit wieder flott machen kann, oder wie viele kostenlose Schulessen das wären? Aber mit Autos im Kreis fahren ist natürlich auch sehr wichtig.

  • ST
    Save the ring

    Für Griechenland und die Banken sind Milliarden da aber für die Motorsportfans ist nichts da. Einfach traurig. Vielleicht könnten die ja dort eine Volksabstimmung machen! Grüne sollten das mal in die Wege leiten!