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KommentarModell Disco

■ Gute Türken, schlechte Türken

Tolle Aktion, Kompliment, möchte man sagen: daß die türkischen Jugendlichen nicht das „Capitol“ kleingeschlagen haben, sondern äußerst diszipliniert, in gebührendem Abstand, mit eigenen Ordnern eine Gegen-Disco feierten, zur vereinbarten Zeit beendeten – und sich richtig professionell viel Presse organisiert hatten. Wenn's jetzt nur auch was nützt beim Disco-Betreiber Lüdemann, dem Mistkerl, daß der die Türken alle bei sich tanzen läßt.

Leider ist es alles viel komplizierter: Lüdemann hat die Erfahrung gemacht, daß er türkische Randalierer nicht wie deutsche an die Luft setzen kann, wenn sie zum Beispiel ein Mädchen in die Enge treiben. Sondern daß dann die anderen türkischen Besucher sich geschlossen hinter die Missetäter stellen und mit Prügel drohen. Lüdemann also läßt nur noch die ihm bekannten Türken aus der Anfangszeit der Disco rein, die Türken aus Achim und Oyten. Mnache von ihnen stellen sich sogar als Ordner zum Abwimmeln für ihn vor die Tür.

Verständlich allerdings auch, daß viele Türken sich solidarisieren, wenn einer der ihren angegriffen wird, daß sie zusammenhalten in einem Land, wo sie bestenfalls geduldet sind und befürchten müssen, angezündet zu werden. Und genau diese überlebensnotwendige Verhaltensweise macht, daß sie ein weiteres Mal ausgeschlossen werden. Einfache Lösungen sind da nicht mehr möglich.

Christine Holch

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