: Mobile PolizistInnen
■ Erstes Frauenforum der Gewerkschaften der Polizei / Frauenvertreterinnen und Beratungsmöglichkeiten gefordert
Unter den rund 32.000 Beschäftigten der Berliner Polizei arbeiten etwa 4.800 Frauen. Doch mit der Vertretung ihrer Rechte sieht es noch immer denkbar schlecht aus, lautete gestern das Fazit des ersten Frauenforums der Gewerkschaft der Polizei (GdP) im Haus am Köllnischen Park.
Zentrale Forderung, so machte Cordula Albrecht, Mitglied des Landesbezirksvorstands der GdP, deutlich, sei die Wahl einer Frauenvertreterin. Dies müsse nach der Umstrukturierung der Berliner Polizei sofort angegangen werden. Bislang hätte die Polizeiführung das mit Verweis auf die Wiedervereinigung und der immer wieder versprochenen, aber noch ausstehenden Strukturreform verhindert. Vor der Wahl einer Frauenvertreterin könne Polizeipräsident Hagen Saberschinsky jedoch den Frauenförderplan umsetzen, daran hindere ihn niemand. Nachdrücklich setzte sich Albrecht dafür ein, das Thema „sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz“ in der Polizei zu „enttabuisieren“. Dazu zählte sie jede „einseitige Ausübung, die von einer Person nicht gewünscht wird“. Darunter fielen Pin-up-Kalender, Bemerkungen, Berührungen und Handgreiflichkeiten, die „in einen strafrechtlichen Bereich kommen“. Der Dienstherr habe eine Fürsorgepflicht und müsse in Fällen sexueller Belästigung auch Maßnahmen ergreifen. Sie könnten vom Gespräch mit dem Täter bis hin zu disziplinarischen Vorermittlungen reichen. Aus „präventiven Gründen“ mahnte Albrecht an, über das Thema bei der Aus- und Fortbildung der Polizei zu sprechen.
Diplom-Psychologin Bettina Franzke, die während eines Praktikums im Sozialwissenschaftlichen Dienst der Polizei Erfahrungen sammeln konnte, bemängelte die Beratungsmöglichkeiten für Frauen in Notlagen oder mit Suchtproblemen. Sowohl die seit 1988 bestehende Sozialbetreuung wie auch der Ärztliche Notdienst der Berliner Polizei seien hierfür ungeeignet. Seit dreizehn Jahren gebe es mittlerweile Schutzpolizistinnen bei der Berliner Polizei, doch niemand habe sich „große Gedanken darüber gemacht, was an Konflikten auf die Frauen zukommt“. Es müsse eine Diplom- Psychologin eingestellt und bei der Frauenvertreterin angesiedelt werden sowie ein Nottelefon eingerichtet werden, so Franzkes Fazit. Beklagt wurde gestern auch die Benachteiligung von Frauen während der Mutterschaft. Nach Ansicht der 75 Teilnehmerinnen, die am Vormittag in fünf Workshops über ihre Probleme und Ziele gesprochen hatten, gibt es nach wie vor für Frauen und Männer zuwenig Möglichkeiten, eine Teilzeitstelle in Anspruch zu nehmen. Dies führe dazu, daß sich „viele Männer von vornherein zurücklehnen“, auf die Frauen aber nach wie vor die Hauptlast bei der Versorgung der Kinder entfalle, so Polizeioberamtsrätin Johanna Ruhnau. Frauen, die einer Teilzeitbeschäftigung bei der Polizei nachgingen, würden zudem von der Beförderung und Weiterbildung ausgeschlossen. Severin Weiland
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