Mitgliederschwund beim AfD-Nachwuchs: Exodus bei der Jungen Alternative
Der Verfassungsschutz erklärte den Parteinachwuchs zum „Verdachtsfall“. Offenbar haben jetzt viele Mitglieder die Organisation verlassen.
Die letzten zwei Abgänge sind noch ganz frisch. Der bisherige Vize-JA-Chef Nicolai Boudagi und Beisitzer Alexander Leschik, beide aus dem als eher gemäßigt geltenden Landesverband NRW, sind aus der JA ausgetreten. Das bestätigte der dortige Landeschef. Ihre Fotos sind von der Website verschwunden.
Man sehe wegen der Radikalisierung der JA „keinen Weg der Vernunft mehr“, heißt es in einer aktuellen Erklärung, die Leschik und 25 weitere JA-Funktionäre unterschrieben haben. Deshalb hätten innerhalb eines Jahres bereits mehr als 500 Mitglieder die JA verlassen. Boudaghi hatte bereits vor einigen Tagen der Welt gesagt: „Die Jugendorganisation ist brandgefährlich für die AfD.“ Die Entscheidung des Verfassungsschutzes, die JA zu beobachten, könne er zum Teil nachvollziehen. Es gebe „zu viele Personen in der JA, die die Grenze dessen überschreiten, was demokratisch ist“.
Der Verfassungsschutz hatte die JA vergangene Woche zum „Verdachtsfall“ erklärt. In dem 436-seitigen Gutachten zur AfD, das der taz vorliegt, umfasst das Kapitel zur JA 74 Seiten. Darin werden zahlreiche programmatische Äußerungen der JA als Gründe für die Beobachtung angeführt – darunter die Forderung, das Grundrecht auf Asyl in ein „Gnadenrecht“ zu verwandeln, und viele Äußerungen über Geflüchtete. Diese verstießen gegen die Menschenwürdegarantie des Grundgesetzes, so das Gutachten.
Angeführt werden auch Äußerungen zahlreicher JA-Funktionäre, darunter der ehemalige JA-Chef Markus Frohnmaier und der hessische Landeschef Jan Nolte, beide Bundestagsabgeordnete. Auch der ehemalige Berliner Landeschef Thorsten Weiß wird genannt, den die AfD gerade auf ihre Europaliste gewählt hat, und Damian Lohr, der aktuelle JA-Chef.
Neben zahlreichen Verbandelungen mit der rechtsextremen Szene führt das Gutachten sechs Funktionäre an, die „für die ‚Identitäre Bewegung‘ aktiv waren“. Einer davon sitzt weiterhin im JA-Bundesvorstand: Felix Koschkar aus Sachsen-Anhalt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Hype um Boris Pistorius
Fragwürdige Beliebtheit
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Russischer Angriff auf die Ukraine
Tausend Tage Krieg
Wirtschaftsminister bei Klimakonferenz
Habeck, naiv in Baku