piwik no script img

MitgetanztToll muß es gewesen sein

■ „Nokoko ye“spielte zuerst pure und dann verwestlichte Tanzmusik aus Afrika

Können wir überhaupt nach rein afrikanischer Musik tanzen? Diese Frage drängte sich bei dem Auftritt der westafrikanischen Band „Nokoko Ye“am Freitag abend im KITO auf, denn es gab hier eine frappierende Zweiteilung des Konzerts: In der ersten Hälfte spielten die vier Musiker rein afrikanische Musik auf der Flöte und Schlaginstrumenten wie der Kalebasse, der Talking drum, der Brekere und den Voodoo drums, und auf den extra für dieses Konzert freigeräumten Dielen vor der Bühne tanzten sie die entsprechenden Tänze vor.

An der Zusammensetzung des Publikums war zu sehen, daß die meisten nicht zum Hören und Zuschauen, sondern zum Tanzen hergekommen waren. Aber auch, als sich die Musiker nach einigen Stücken auf die Bühne zurückzogen, um dort weiter mit einer sehr vitalen Eleganz von einem hymnischen Lied in das andere zu wechseln, traute sich kein norddeutscher Konzertbesucher auf die Tanzfläche. Die Glieder zuckten wohlgemerkt bei fast allen, und ein bärtiger Späthippie schien schon vom ersten Stück an in eine verzückte Trance gefallen zu sein. Aber zu den passenden Bewegungen bei dieser ständig auf dem gleichen, sehr intensiven und schnellen Level gehaltenen Musik schienen nur die Vorführenden selbst fähig zu sein.

Nach der Pause griffen die vier dann nach den Standardinstrumenten einer Popband, und spielten konventionellere Stücke, bei denen sich dann auch prompt die Tanzfläche füllte. Reggae, Soca und Hi-Life schienen zwar zuerst zu sehr nach der Formel verabreicht, aber das Publikum war offensichtlich dankbar für die Tanzmusik. Und langsam wurde deutlich, daß die Unterschiede zwischen den beiden Sets doch nicht so groß waren, wie zuerst angenommen. Während der Leadvokalist jetzt eher rhythmisch als melodisch sang, intonierten die drei Musiker auch hier eine harmonisch ungewöhnliche Chorbegleitung, und die Gitarre spielte ähnliche Verzierungen wie vorher die Talking drum. Der Erfolg der Band ließ sich nun eher am Schweiß der Tanzenden als am Applaus messen, und demnach muß es wohl ein tolles Konzert gewesen sein.

Wilfried Hippen

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen