■ Mit guten Vorsätzen auf du und du: Sehr besorgt, aber sehr tatenlos
Bonn (AP/dpa) – Die meisten Deutschen machen sich große Sorgen um die Umwelt – aber kaum jemand tut etwas dafür oder ist bereit, dafür Einschränkungen hinzunehmen. Zu diesem Ergebnis kam eine Studie des Instituts für praxisorientierte Sozialforschung über die Einstellung der Bundesbürger zum Umweltschutz 1994.
Das Bundesumweltministerium veröffentlichte die Studie gestern in Bonn und lieferte eine skeptische Einschätzung: Keiner sehe sich selbst als Verursacher oder wolle gemäß dem Verursacherprinzip zur Verantwortung gezogen werden, so lautet das Fazit des Ministeriums.
Am meisten Angst hätten die Deutschen im Westen wie im Osten vor der Luftverschmutzung und dem Ozonloch. Weiter hinten auf der Hitliste der Sorgen folgen Waldsterben, Atomunfälle, die Müllproblematik, die Verunreinigung des Trinkwassers und Verkehrsprobleme.
Mögliche Gegenmaßnahmen wie eine Erhöhung der Benzinpreise lehnten jedoch große Teile der Bevölkerung der Bundesrepublik ab, stellten die Sozialwissenschaftler fest: 63 Prozent der Westdeutschen und 72 Prozent der Ostdeutschen seien gegen höhere Spritpreise, heißt es in der Studie.
Auch die Einführung eines generellen Tempolimits auf Autobahnen und Landstraßen sowie autofreie Innenstädte stießen nur noch bei zwei Dritteln der Befragten auf Zustimmung – so wenig wie niemals zuvor.
Diese Diskrepanz zwischen Ängsten und Verhalten bestimmt laut Umweltschutzstudie auch das Thema Abfall. Obwohl es von 33 Prozent der Ostdeutschen und 17 Prozent der Westdeutschen als Problem erkannt werde, wolle kaum einer höhere Müllgebühren zahlen, geschweige denn eine Deponie oder Verbrennungsanlage in seiner Nähe haben.
Hoch sei dagegen mit 82 bis 85 Prozent die Bereitschaft in der Bevölkerung, Abfall getrennt zu sammeln.
Einen Ost-West-Unterschied gibt es offensichtlich beim Thema Klimapolitik. Überraschenderweise sind die Ostdeutschen klimabewußter – oder besser gesagt: klimabesorgter als die Wessis. Nach den veröffentlichten Daten fürchteten sich im Frühjahr 1994 lediglich elf Prozent der westdeutschen Befragten vor Klimaveränderungen, dagegen aber 20 Prozent ihrer ostdeutschen Mitbürger.
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