■ Mit der Welternährung auf du und du: Weniger Äcker
Berlin (taz) – Die Menschen werden mehr, die Äcker weniger. Das amerikanische Worldwatch-Institut hat in einer neuen Studie gewarnt, die landwirtschaftlich genutzte Fläche habe seit 1991 weltweit um 7,5 Prozent abgenommen.
Die Folgen seien inzwischen auch auf den Weltmärkten spürbar. Seit fünf Jahren stiegen die Weltgetreideernten nicht mehr. Von 1950 bis 1990 hätten sie hingegen von 631 Millionen Tonnen auf 1.780 Millionen Tonnen zugenommen. Die weltweiten Vorräte haben nach Institutsangaben in diesem Frühjahr deshalb einen historischen Tiefststand erreicht. Sie würden nur noch für 48 Tage reichen. Die Preise für Getreide hingegen seien in den vergangenen Monaten deutlich geklettert. Worldwatch hat den neuen Bericht zur Vorbereitung des Welternährungsgipfels der FAO im November in Rom erstellt. Institutschef Lester Brown wirft der Nahrungs- und Landwirtschaftsorganisation seit Jahren vor, die Ernährungslage zu rosig zu beurteilen.
Zurückgegangen ist die landwirtschaftlich genutzte Fläche unter anderem, weil sich Städte ausdehnen und immer mehr Flächen durch Straßen und Häuser versiegelt werden. Probleme macht aber auch die zunehmende Bodenerosion gerade in traditionellen Getreideanbaugebieten. Der Wasserspiegel im mittleren Westen der USA und in Getreideanbaugebieten Indiens sei deutlich gefallen. Schon 1995 war die Getreideernte in den USA wegen der Dürre deutlich niedriger ausgefallen. Auch in diesem Jahr drohen in Texas und Oklahoma Mißernten.
Der Druck auf die Wasserressourcen der Landwirtschaft nimmt noch zu, wenn Städte wie Los Angeles oder Peking ihre Wasserversorgung nur noch auf Kosten der Bewässerungssysteme der Landwirtschaft aufrecht erhalten können.
Verschärft wird das Ernährungsproblem schließlich, weil Kunstdünger und Spritzmittel nicht mehr im gewohnten Maß in der Lage seien, die Ernten zu erhöhen. Die ertragsteigernde Wirkung lasse rapide nach.
Als Konsequenz aus dem drohenden Ernährungsnotstand empfehlen Brown und seine Kollegen auf der Angebotsseite den Getreideanbau durch entsprechende steuerliche Anreize für die Landwirte zu fördern. Auf der Nachfrageseite müsse das Bevölkerungswachstum eingedämmt werden. Außerdem verlangen die Wissenschaftler die Abkehr von der Hamburger-Kultur. Wenn das Getreide knapp werde, gehe es nicht an, daß 40 Prozent der Körner weltweit in den Trögen von Rindern, Schweinen und Hühnern landeten. Hermann-Josef Tenhagen
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