■ Mit der Weltbank auf du und du: Klasse statt Masse
Washington/Berlin (IPS/taz) Seit dem Amtsantritt des neuen Weltbank-Präsidenten James Wolfensohn scheint Bewegung in die Strukturen der Entwicklungsorganisation zu kommen. Als erster Indikator gilt eine Entscheidung der vor einem Jahr eingerichteten Beschwerdestelle der Weltbank: Vergangene Woche verkündete Wolfensohn, daß der 175-Millionen- Dollar-Kredit an Nepal für den Arun-Staudamm gekippt wird. Nepal sei zu arm, als daß ein so teures Mammutprojekt erfolgreich sein könnte.
Den neuen Wind spürt auch die Afrika-Abteilung der Bank. Seit einer zehntägigen Afrikareise Wolfensohns zählt für die Beförderung von Mitarbeitern nicht mehr, wie bisher, die Masse der vergebenen Kredite, sondern deren Wirkung im Zielland. Der Erfolg soll von der Regierung des Empfängerlandes und regierungsunabhängigen Organisationen (NGOs) ermittelt werden.
Bisher, berichtete ein langjähriger Mitarbeiter, habe sich das Bestreben der Weltbank, möglichst viele Kredite zu vergeben, immer aufs trefflichste mit dem Verlangen zahlreicher Regierungen in den Ländern des Südens ergänzt, möglichst viele Kredite zu bekommen. Die Folge sei eine Vielzahl unvollendeter und zum Teil sinnloser Projekte. Milliarden von Dollar, die bewilligt wurden, seien von den Empfängerländern mangels Kapazitäten nicht mal abgezogen worden. Die Schuldenlast der mit Krediten allzu reichlich gesegneten Länder habe sich aufgebläht, die Armut ausgeweitet.
Selbst NGOs, die bislang nicht zu den Freunden von IWF und Weltbank zählten, räumen inzwischen vorsichtig ein, daß sich etwas bewegt. Von begrenzten Veränderungen sprachen beispielsweise Doug Hellinger von der US-Gruppe „Development GAP“ und Veena Siddarth von der britischen Hilfsorganisation Oxfam. Der Geschäftsmann Wolfensohn habe der Bank eine weniger ideologische Herangehensweise verordnet. „Ich denke, er setzt auf Qualität.“
Doch fragen sich NGO- Vertreter, wie lange der seit zwei Monaten amtierende Wolfensohn seinen Reformkurs durchhalten wird, ist die Weltbank doch für ihre zähe Bürokratie berüchtigt. Hellinger äußerte Zweifel daran, daß es dem neuen Präsidenten gelingen wird, auch die Kernphilosophie der Weltbank zu verändern. Für eine Abkehr von der stereotypen Forderung nach Wirtschaftsliberalisierung hin zu einem einzelfallorientierten Ansatz sah er die Chancen „eins zu zehn, bestenfalls eins zu fünf“.
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