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■ Mit der Steuerfahndung auf du und duBankgeheimnis bröselt

Freiburg (taz) – Es steht nicht in der Verfassung und auch nicht in der Allgemeinen Menschenrechtserklärung. Dennoch umflort das Bankgeheimnis eine Aura von Heiligkeit, die die Forderung nach seiner Abschaffung als ketzerisch erscheinen läßt. Daß das Bankgeheimnis nicht zuletzt dem Schutz von Kriminellen (konkret: SteuerhinterzieherInnen) dient, scheint so lange nicht zu stören, wie diese Kriminalitätsform vor allem in gutbürgerlichen Kreisen beheimatet ist.

In den letzten Jahren haben es die gutbürgerlichen Kreise allerdings etwas zu bunt getrieben. Wenn 330 Milliarden Mark nach Luxemburg transferiert werden, weil in der Bundesrepublik eine Zinsabschlagssteuer eingeführt wird, dann kratzt dies doch an der Berufsehre der chronisch unterbesetzten Steuerverwaltung. Da hilft es auch nichts, daß Bankenvertreter treuherzig verkünden, daß der Geldtransfer ins Ausland Ausdruck eines funktionierenden Binnenmarktes und deshalb nicht strafbar sei. Wohl wahr, strafbar aber ist es, anschließend die Luxemburger Konten dem Fiskus zu verschweigen.

Zwar existieren keine Statistiken zu dieser hochinteressanten Frage, denn das Bankgeheimnis schützt vor flächendeckenden und verdachtsunabhängigen Nachforschungen der Steuerbehörde. Erst wenn aufgrund eines konkreten Verdachts gegen einen Steuerbürger ermittelt wird, kann der Fiskus um Auskunft bitten.

Angesichts der in den letzten Jahren ins Ausland transferierten Gelder entstand nun aber der Verdacht, daß die Banken bei der Steuerschummelei kräftig Beihilfe leisteten. Ermittelt wird deshalb auch gegen Kreditinstitute und ihre MitarbeiterInnen. Auf der Strecke bleibt das Bankgeheimnis.

Nach einer Durchsuchungsaktion können die SteuerfahnderInnen nämlich einfach die Kontenbewegungen mit den Steuererklärungen abgleichen. Wer dabei auffällt, kann sich auch nicht mehr durch eine strafbefreiende Selbstanzeige retten. Diese muß vor Entdeckung der Tat erfolgen, also spätestens unmittelbar nach der Durchsuchung der Bank. Zudem müssen auch bei der Selbstanzeige die in den letzten zehn Jahren hinterzogenen Steuern zurückgezahlt werden – mit sechs Prozent Zinsen.

Es könnte sein, daß das Bundesverfassungsgericht die derzeitige Praxis der Zinsbesteuerung bald für verfassungswidrig erklärt, weil es die unehrlichen SteuerbürgerInnen gar zu sehr begünstigt. Das Bankgeheimnis sollte die dann anstehende Reformdebatte nicht überstehen. Christian Rath

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