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Archiv-Artikel

Mit der Lizenz zum Freilauf

Hundefreunde kritisieren neues Hundegesetz als überzogen: Tiere und Halter würden über die Maßen eingeschränkt. Die Listen mit angeblich gefährlichen Rassen seien unwissenschaftlich

von Gernot Knödler

Der Aprilscherz der taz streute Salz in die Wunden: „Hundeverbot auf St. Pauli“ lautete die Überschrift eines kleinen Artikels, der wütende Anrufe provozierte. Verunsichert und verärgert durch die Debatte um das neue Hundegesetz hatten einige Hundehalter eine solche Schweinerei Senat und Bürgerschaft glatt zugetraut. Doch auch das Gesetz, wie es beschlossen wurde, stößt bei den Hundefreunden in großen Teilen auf Ablehnung. Es sei „kein Vorbild für andere Bundesländer“, urteilten die Tierschützer der Vereine Vier Pfoten, Bund gegen den Missbrauch der Tiere und Hamburger Tierschutzverein.

Positiv werten die Vereine, ebenso wie die speziellen Hundefreunde, die fälschungssichere Kennzeichnung der Hunde und die jetzt vorgeschriebene Haftpflichtversicherung. Allgemein kritisiert wird die Beschränkung des Auslaufs. Nur wenn ein Hund nicht als gefährlich gilt und eine Gehorsamsprüfung bestanden hat, darf er auf speziellen Auslaufflächen und dort, wo es nicht ausdrücklich verboten ist, ohne Leine laufen. Verboten ist der Freigang in Grün- und Erholungsanlagen, auf Wochenmärkten und Volksfesten. Enge Grenzen sind ihm im Straßenverkehr gesetzt, wo Herrchen oder Frauchen praktisch neben ihrem Hund herlaufen müssen. Da bleibt nicht viel übrig.

„Wir sehen die Gefahr, dass durch die neuen Regelungen zahlreiche Hunde im Stadtgebiet keinen ausreichenden Freilauf und damit nicht genügend Sozialkontakte zu Artgenossen haben werden“, warnen die Tierschutzvereine. Die 86 Auslaufflächen, die es heute gibt, lägen weit unter dem Notwendigen.

Auf diesen kleinen Tummelplätzen sei eine artgerechte Haltung unmöglich, sagt Jule Thumser vom Verein Hundelobby. Die starken Beschränkungen beeinträchtigten auch Hund und Halter als Gespann. Eine Gehorsamsprüfung, die beiden nicht mehr Freiheiten in Parks bringe, lohne sich nicht. Thumser: „Solange man nicht mit einem unangeleinten Hund durch den Stadtpark gehen kann, sollte man sich das Geld sparen.“

Christian Maaß, der für die GAL am Gesetz mitgeschrieben hat, hält eine solche Forderung für überzogen. „Es gibt ja auch noch andere Menschen in der Stadt“, findet er. Kleine Kinder etwa, oder Leute, die sich vor Hunden fürchten. Der Verweis der Hunde auf Freilaufreservate, zu denen nach und nach auch Pfade wie der Elbwanderweg kommen könnten, werde diesen Konflikt entschärfen.

Fragwürdig, das räumt Maaß ein, sind die Listen, die bestimmte Hunderassen grundsätzlich als gefährlich einstufen. „Diese Rasselisten sind willkürlich gefasst und durch nichts belegt“, sagt Thumser von der Hundelobby. In einer Erhebung der Tierärztlichen Hochschule Hannover verhielten sich 98 Prozent der in Hamburg als stets gefährlich eingestuften Tiere unauffällig. Für die Aggressivität eines Hundes sei die Rasse ein Faktor unter vielen, sagt Barbara Schöning, die Präsidentin der Tierärztekammer. Schöning: „Bestimmte Leute holen sich bestimmte Hunde und gehen auf eine bestimmte Weise damit um.“ Das verzerre die Wahrnehmung. Die Rasselisten gelten für drei Jahre. Mit Hilfe der Registrierungspflicht könne die Häufigkeit und Heftigkeit der Bisse genau erhoben und die Liste überprüft werden, sagt Maaß.