■ Mit der Konversion im Osten auf du und du: Panzerfabriken in Not
Berlin (taz) – Noch immer schaffen fünf Millionen Menschen in den staatlichen russischen Rüstungsschmieden. Die Großbetriebe in der ehemaligen Sowjetrepublik tun sich schwer mit der Umstellung auf zivile Produkte, und das beobachten westliche Rüstungsexperten mit Sorge. Über Chancen und Risiken bei der Konversion der Rüstungsindustrie in Rußland und Osteuropa diskutieren seit Donnerstag Experten aus Industrie, Banken und Regierungen ost- wie westeuropäischer Staaten und den USA.
Gescheitert ist die Konversion (noch) nicht, glaubt Herbert Wulff, Direktor des Bonn International Center for Conversation, einem der beiden Veranstalter der Tagung in Bonn. Vielmehr habe der Westen zu große Erwartungen in die Entmilitarisierung gesteckt. Zudem habe die überindustrialisierte russische Wirtschaft besonders unter der weltweiten ökonomischen Krise gelitten.
Gearbeitet wird in den Rüstungsfabriken kaum mehr. Freischichten und Betriebsurlaube kürzen Arbeitszeit und Lohn der ArbeiterInnen, bewahren aber, so Wulff, „die Sozialstruktur gerade noch vor dem Kollaps.“ Grund für die Misere: Ex-Regierungschef Jegor Gaidar hat die staatlichen Aufträge um 80 Prozent gekürzt. Der Export konnte die angeschlagenen Betriebe nicht wieder flott machen. Weil seit Jahren kein Geld in die Modernisierung der Waffen geflossen ist, sei das russische Kriegsmaterial nur noch zweite Wahl, urteilt David Bernstein von der Stanford Universität.
Das erschwert den Wechsel vom Panzer zum Matchbox- Auto zusätzlich. Den Unternehmen fehlt das Geld für neue Produktionsanlagen, privaten Investoren die Lust, sich einen Großbetrieb mit 100.000 Beschäftigten ans Bein zu binden. So bleibt zunächst die Hoffnung auf den Aufschwung. Der ist, glaubt Wulff, Schlüssel für eine erfolgreiche Konversion. lore
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