■ Mit der EU-Bananennorm auf du und du: „Anormal“ gekrümmt?
Brüssel (dpa) – In der unendlichen Geschichte über die Banane ist ein neues Kapitel aufgeschlagen worden. Die Europäische Kommission hat festgelegt, welche Anforderungen Bananen erfüllen müssen, um in die Obstschalen europäischer Haushalte zu gelangen: Sie dürfen nicht kürzer als 14 Zentimeter, mindestens 27 Millimeter dick und dürfen vor allem eines nicht sein: „anormal“ gekrümmt.
Doch kaum beschlossen, gibt es schon Kritik. „Wie bei der Bananenmarktordnung wurde auch hier wieder mit zweierlei Maß gemessen“, heißt es in Brüssel. Denn erneut würden europäische Anbauer bevorteilt und Lateinamerikaner – traditionell Hauptlieferanten für Deutschland als größtem Bananenkonsumenten in der EU – zögen wieder einmal den Kürzeren. Wegen der im Vergleich zu den lateinamerikanischen Regionen klimatisch schlechteren Bedingungen dürfen die Früchte von Madeira, den Azoren, der Algarve und Kreta auch weniger als 14 Zentimeter lang sein und nach Ansicht der Kommission als Klasse II auf dem Markt angeboten werden. Wohlgemerkt, die Brüsseler Bananennorm gilt für „grüne, nicht gereifte“ Früchte. Schließlich werden die Bananen erst in „Reifereien“ der Importeure und Großhändler gelb – wenige Stunden, bevor sie beim Einzelhandel zu kaufen sind.
Neben Krümmung und Länge haben sich die Brüsseler noch andere Qualitätsmerkmale für das „Bananenprofil“ einfallen lassen: Egal ob Güteklasse Extra, I oder II, die Früchte müssen unter anderem ganz, fest, gesund und praktisch frei von Schädlingen sein. „Aber ob die Früchte mit Schädlingsbekämpfungsmitteln behandelt worden sind, davon erfährt der Verbraucher nichts“, so Kritiker. Diese Information, wie etwa für Zitronen vorgeschrieben, werde nicht in der Verordnung verlangt.
Die Verpflichtung, diese neue EU-Qualitätsnorm zu erlassen, wurde bereits in der heftig umstrittenen und 1992 beschlossenen Bananenmarktordnung der Union festgeschrieben. Die Kommission wurde aktiv und legte knapp zwei Wochen vor dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs über die deutsche Klage gegen das „Bananenregime“ ihre Verordnung vor. Alle Früchte, die durch das Raster fallen, können nur noch als Brei oder in Fruchtsalat verkauft werden.
Einige Kommissionsbeamte fürchten, daß sich ihre Behörde wieder einmal dem Spott der Öffentlichkeit aussetzt – wie schon zuvor, als etwa der Krümmungswinkel einer Salatgurke festgelegt worden war.
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