■ Mit der Diskriminierung auf du und du: Schwule Manager
Berlin (taz) – Nur wenige schwule Führungskräfte stehen so offen zu ihrer sexuellen Orientierung wie der 43jährige Frankfurter Mitropa-Manager Thomas Weill. Statt einem Bild von Frau und Kindern hängte er sich die Photographie seines Lebensgefährten an die Wand. Auch bei Betriebsfesten nahm er den Freund ganz selbstverständlich als Begleitung mit.
Üblich ist das nicht, wie ein Report des Manager Magazins belegt. Schwule werden häufig schon beim Einstellungsgespräch ausgesondert. „Sind sie verheiratet?“, will die Personalabteilung bei Führungskräften ab 35 Jahren aufwärts wissen. Wer weder Frau noch Kinder vorweisen kann, muß dies schon gut begründen. Wird die Homosexualität später publik, so müssen Manager oft noch mit Mobbing und faktischer Beförderungssperre rechnen.
Viele Schwule versuchen deshalb weiter, ihr Privatleben auszublenden, Legenden zu stricken und Versteck zu spielen. Die Freude an der Arbeit erhöht dies natürlich nicht. US- Studien zufolge kann die Homo-Diskriminierung den Betrieb bis zu 10 Prozent der Produktivität kosten, berichtet das Manager Magazin.
Inzwischen haben die schwulen Führungskräfte sich in einem eigenen Berufsverband organisiert. „Völklinger Kreis“ (VK) heißt der Verein, dessen Zweck sich allerdings erst aus dem Untertitel „Bundesverband Gay Manager“ erschließt. Erfahrungsaustausch, Hilfe im Einzelfall, aber auch offener Kampf gegen die Diskriminierung sind die Ziele des VK.
Über eine Kontaktanzeige im Schwulenmagazin Magnus hatte 1991 ein frustrierter Manager Kontakt gesucht. Mit einem zwölfköpfigen Gesprächskreis fing es an. Doch der Verein wuchs schnell. Über 200 Mitglieder wurden inzwischen aufgenommen. Regionalgruppen bestehen in Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, Hannover, Köln, Leipzig, München, Münster und Stuttgart.
Interessenten werden erst einmal eingehend beschnuppert, bevor sie Mitglied werden können. Schließlich offenbaren viele im „Völklinger Kreis“ Dinge, die sie immer noch gerne für sich behalten möchten. Zwar empfiehlt der VK-Vorsitzende Franjo Kröger seinen Mitgliedern, daß sie sich gleich beim Einstieg in die neue Firma outen sollen: „Es gibt natürlich Unternehmen, die dann ,Nein‘ sagen. Aber wenn ein Unternehmen ,Ja‘ gesagt hat, ist es später gezwungen, offen damit umzugehen.“ Allerdings stehen auch bei den organisierten Gay- Managern nur wenige im Betrieb ganz offen zu ihrer Homosexualität. Christian Rath
Kontakt: Völklinger Kreis, Bundesverband Gay Manager, Leyendecker Str. 1, 50825 Köln, Tel./Fax: 0221-5461979
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