Mit den Führungsetagen auf du und du: Ein neuer Job für Jürgen H.
■ Die neue Spielwiese des abtretenden HSV-Präsidenten
Nun läßt sich der Mann mit dem schrillen Aüßeren kräftig auf die Schulter klopfen. Zum Ende seiner Ägide als HSV-Präsident kann Jürgen Hunke dem Vereinsvolk erstmals schwarze Zahlen präsentieren. Im Geschäftsjahr 1992/93 konnte der Bolzclub einen Betriebsgewinn von 2,718 Millionen Mark erwirtschaften.
Mit etwa 14 Millionen Mark war der Verein verschuldet als Jürgen Hunke im November 1990 das Amt übernommen hat. Der Verkauf von Stürmerstar Thomas Doll für 17 Millionen Mark an den italienischen Erstligisten Lazio Rom, das Abwickeln von Randsportarten (Volleyball), andere Sparmaßnahmen und die Verpflichtung einer kompententen sportlichen Leitung vor etwa einen Jahr ebnete den Weg zum finanziellen Erfolg.
Mit der Schaffung eines Wirtschaftsrates erfüllte sich Jürgen Hunke als scheidender Vereins-Präsident den letzten großen Wunsch. Der 50jährige Versicherungs-Unternehmer, der sein Amt am Montag bei der Jahreshauptversammlung an den bisherigen Schatzmeister Ronald Wulff (48) übergeben will, hat sich mit dem neuen Gremium zugleich sein weiteres Betätigungsfeld bei dem Traditionsklub verschafft. Als Mitglied des von Vertretern aus Wirtschaft, Kultur, Politik und Sport gebildeten Expertenkreises bleibt Hunke für den HSV aktiv.
Bei der Präsentation am Mittwoch widersprach der Klubchef energisch Vermutungen, er strebe mit dem neuen Instrument eine Machtposition an: „Wenn ich das wollte, hätte ich mich für eine neue Präsidentschafts-Kandidatur zur Verfügung gestellt. Ich ziehe mich ins dritte Glied zurück.“ Die Rechte und Pflichten des Präsidiums werden nicht berührt, betonte er. Der Wirtschaftsrat soll beraten, bei Entscheidungen mit langfristigen Auswirkungen konsultiert werden, dem HSV Türen öffnen und seinen Stellenwert in der eigenen Stadt verbessern. Der besondere Zweck liege darin, dem Verein abseits des Tagesgeschehens Hilfestellung zur Lösung grundlegender Probleme zu leisten. Als beschlußfähiges Kontrollorgan müßte der Arbeitskreis ohnehin erst noch in den Satzungen verankert werden, was nach einem Jahr allerdings geprüft werden soll.
Der HSV strebt eine hochkarätige Besetzung an und konnte erste Erfolge vermelden. Wirtschaftsrats-Vorsitzender ist Werner E. Klatten, früherer Vorsitzender der Geschäftsleitung bei SAT 1. Mit Manfred Baumann, dem Chef und Inhaber einer Werbeagentur, gewann Hunke einen Marketing-Experten. Theater-Indendant Rolf Mares ist der Vierte im Bunde. Dazu soll NDR-Indendant Jobst Plog kommen. Ein Platz ist nach Abschluß der Hamburger Koalitionsverhandlungen für einen Senatsvertreter reserviert. Erwünscht ist von Wulff auch ein namhafter Mann aus dem Bereich des Sports (Uwe Seeler ?).
Der Zahnprotesenhersteller und Putzkolonnen-Chef, der sich ein Jahr als Schatzmeister auf das neue Amt vorbereitete, will die Politik Hunkes fortsetzen. Anders als dieser erteilte er dem Leistungssport in anderen Abteilungen allerdings keine generelle Absage, wenn deren Finanzpläne ohne Entstehung neuer Kosten akzeptabel seien.
Bei der Lösung weiterhin gegebener schwieriger Struktur- und Wettbewerbsprobleme mit einem sanierungsbedürftigen Volksparkstadion legt er Wert auf Unterstützung des Wirtschaftsrates. Die Verträge von Manager Heribert Bruchhagen und Trainer Benno Möhlmann sollen umgehend verlängert werden. Nur noch bis zum Saisonende engagierte Leistungsträger wie Karsten Bäron und Yordan Letschkow müßten langfristig gebunden werden. Als neues Problem erweist sich die Verteuerung der Mannschaft ob des sportlichen Erfolges in der laufenden Spielzeit. kader
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