■ Mit dem türkischem Konsum auf du und du: Bessere Deutsche
Berlin (taz) – Sie sind jünger als die Deutschen, spielen intelligentere Spiele und sparen für die Zukunft: Eine Untersuchung eines türkischen Marktforschungsinstitutes und des Zentrums für Türkeistudien an der Gesamthochschule Essen widerlegt beinahe sämtliche Vorurteile, die gegen die Eingewanderten aus der Türkei an Stammtischen gepflegt werden.
Denn lange vor allen politischen Integrationsversuchen haben sich die türkischen Familien dem deutschen Konsum angepaßt. Sie kaufen mehr deutsche Markenarikel als die Deutschen – der deutsche Klassiker „Persil“ zum Beispiel steht bei den Waschmitteln an erster Stelle: 46 Prozent der türkischen Familien kaufen am liebsten das Henkel-Produkt, das heute nur noch 33,5 Prozent der Deutschen bevorzugen.
Der türkische Zahnpastakonsum liegt gar um neun Prozentpunkte über dem deutschen. Gewiß soll man keiner Statistik glauben, die man nicht selber gefälscht hat. Doch die von der Essener Universität betreute Studie besticht durch sorgfältige Angabe ihrer Untersuchungsmethode und verschweigt auch nicht, daß über die Hälfte der Befragten keine Auskunft geben wollten. Darin dürften sich Erfahrungen mit deutscher Ausländerfeindlichkeit niedergeschlagen haben. Sie trifft Menschen, die hier eine wirtschaftliche Zukunft aufbauen: 51,1 Prozent der türkischen Haushalte haben mindestens einen Bausparvertrag abgeschlossen, 3,2 Prozent von ihnen sogar drei und mehr. Nur 22 Prozent der Deutschen setzen finanziell so sehr auf die eigene Heimat, die Mehrheit gibt ihr Geld sofort aus: 90 Prozent der Deutschen, aber nur 81,9 Prozent der türkischen Haushalte besitzen ein Girokonto, nur 23 Prozent der Deutschen nehmen Angebote zum Prämiensparen wahr, die in türkischen Haushalten mit einem Anteil 60 Prozent fast so beliebt sind wie Bausparverträge.
Profitieren wird davon die nachwachsende Generation: 40 Prozent der türkischen Deutschen sind unter 28 Jahre alt, die deutsch geborene Bevölkerung bringt es nur auf 15 Prozent.
Groß ist der finanzielle Spielraum in der neuen Heimat nicht. Das Durchnittseinkommen der türkischen Familien beträgt 3.650 Mark netto. Gespart wird vor allem an der Wohnung, die aber weit besser mit Fernseher, Computern und Intelligenz- Spielen für die Zukunft gerüstet ist als bei den Deutschen: 4,3 statistische Durchnittspersonen leben in einem türkischen Haushalt zusammen, die deutsche Normalfamilie kommt nur auf 2,25 Personen. Niklaus Hablützel
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