■ Mit dem Umweltbundesamt auf du und du: Griffel-Revolutionäre
Berlin (taz) – Die ungewöhnlichen Arbeitsbedingungen in der Frontstadt Berlin haben die MitarbeiterInnen des Bundesumweltbundesamtes (UBA) gestählt. Zu Beginn, 1974, ließ die DDR manche nicht über den Transit passieren. Jahrzehntelang mußten sie ihre Informationen über die Mauer hinweg in den Westen transferieren, um bei der Regierung im rheinischen Bonn Gehör zu finden.
Und jetzt will die Föderalismuskommission von Bund und Ländern sie zum 20. Geburtstag des Amtes nach Dessau schicken, in den Dschungel von Sachsen-Anhalt.
Kein Wunder, daß die Stimmung bei der offiziellen Geburtstagsfeier gestern in Berlin ein wenig getrübt war. Der Dienstherr Bundesminister Klaus Töpfer lobte die inzwischen 950 Behördenmitarbeiter und ihren politischen Schneid. „Eine ökologische Revolution brauchen wir heute in Deutschland“ – für die Revolution würden auch an den Schreibtischen am Berliner Bismarckplatz und in der Mauerstraße Signale gesetzt. In der Sache aber blieb er hart: Der Umzug muß stattfinden. – „Bei einer Revolution muß es immer die innen und die außen geben“, griff Amtschef Heinrich von Lersner den Ball auf. Die Behörde, die den Umweltminister wissenschaftlich beraten soll und die Lersner von Anfang an leitet, brauche mehr Geld und mehr Planstellen. Die Übernahme des Instituts für Wasser-, Boden- und Lufthygiene vom abgewickelten Bundesgesundheitsamt begrüßte Lersner.
Reform im Inneren, Revolution als Außenwirkung: Nach der Vehemenz der Mitarbeiter zu schließen, wird dies ein schwieriges Unterfangen. Die roten Karten, die sie wegen des Umzugs nach Dessau dem Dienstherrn Töpfer zu Hunderten zeigten, gingen wegen der orangeroten Plüschsitze im ehemaligen FDGB-Tagungszentrum am Köllnischen Park in Berlin völlig unter.
Ein bißchen mehr Emphase ist schon vonnöten, wenn man den großen Bruder der 70er Jahre in den 90ern einholen will. UBA und Bundeskriminalamt (BKA) hatten ähnlich viel Personal, als sie Mitte der 70er Jahre gegründet wurden. Das UBA nähert sich langsam 1.000 Beschäftigten, das BKA hat mehr als 6.000. H. J. Tenhagen
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