■ Mit dem Tütenkleben auf Du und Du: Betriebe in den Knast!
„Wenn das so weitergeht, bekommen wir Zustände wie in Hamburg, wo die Gefangenen lieber im geschlossenen als im offenen Vollzug bleiben.“ Peter Hoppenheit, Insassenvertreter in der Justizvollzugsanstalt Oslebshausen, kann seine Leute verstehen, die manchmal richtig Angst vor dem Streß haben. Wer in den offenen Vollzug kommt, kann in einem Betrieb außerhalb des Gefängnisses arbeiten. Vorausgesetzt, er findet eine Stelle – und dort liegt das Problem, das den offenen Vollzug in Oslebshausen langsam ad absurdum führt: Die wenigsten der 120 Gefangenen, die in Oslebshausen im offenen Vollzug sind, haben draußen Arbeit, warten beim Arbeitsamt oder sitzen in der Zelle rum und gehen im dümmsten Fall sogar wieder in die Betriebe des geschlossenen Vollzugs. Daß dies unsinnig ist, weiß auch die Justizbehörde. Hartmut Krieg aus der Abteilung Strafvollzug: „Wenn es schon keine Stellen in Bremen gibt, müssen wir versuchen, mehr Unternehmer von außen in die Anstalten zu kriegen.“
Doch das ist nicht unbedingt die kleinere Hürde. Ein einziges Oslebshauser Unternehmen läßt zur Zeit in der JVA Kartons falten. „Wir müßten da mehr Kontakte aufnehmen, verhandeln, dranbleiben“, sagt Hartmut Krieg. Da tue man sich aber ziemlich schwer. „Warum können da nicht ausgebildete Akquisiteure beschäftigt werden?“ Ulrich Mäurer, der „Finanzexperte“ aus dem Justizbehörde, hätte da eine Idee: Ihm schwebt seit einiger Zeit eine „Justiz-Dienstleistungs-GmbH“ für das gesamte Justizressort vor.
Hintergrund für diese Idee ist ein Modellversuch der Behörde, die ein Jahr lang ihre Ämter zu selbständigen Sparmaßnahmen angeregt hat. Das Ganze auf der Basis eines „Anreizsystems“, wie es Ulrich Mäurer nennt. „Wir haben denen gesagt, wenn ihr da mitmacht, werdet ihr an den Überschüssen beteiligt.“ - Sparsame Dienststellen können dann selber über kleinere Anschaffungen bestimmen. Es gab einige gute Einfälle und erste, zaghafte „Gewinne“. Natürlich muß aber zuerst das große Finanzloch gestopft werden, und natürlich verdient der Finanzsenator 50 Prozent an allen Mehreinnahmen. Personalkosten sind durch nicht wiederbesetze Stellen eingespart worden. Gebührenerhöhungen für Behördendienste und höhere Strafgelder brachten auf direktem Wege mehr Geld ein. Die Justizdeputation hat die Vorschläge und ersten Schritte der Reform bereits für gut befunden und einer „Machbarkeitsstudie“ zugestimmt. Gutachter sollen nun die Vorteile dieser „Justiz-Dienstleistungs-GmbH“ prüfen.
Die Gefängnisse sind die Stiefkinder dieses Modells, weil bei ihnen am wenigsten gespart werden kann. „Mehr Unternehmen wären schon billiger für uns“, sagt Krieg. „Die bringen ihre Infrastruktur und eigene Arbeiter und bezahlen Pacht für die Werkshallen. Wir können dann das Personal reduzieren.“ Daß weibliche Gefangene künftig im Justizvollzugskrankenhaus Leipzig behandelt werden sollen, weil dort die Pflegesätze niedriger sind, habe bislang nur ein bis zwei Frauen betroffen, falle also als Sparmaßnahme nicht ins Gewicht. Das Problem sei eher, daß die Frauen aus der JVA in Bremen in öffentlichen Krankenhäusern bewacht werden mußten. Das sei teurer als die Fahrt nach Leipzig. sip
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