piwik no script img

■ Mit dem Spendenmarkt auf du und due.V. mit Spendensiegel

Berlin (taz) – Besonders in der Vorweihnachtszeit werden die reichen Deutschen spendierfreudig. Trotz der hohen Arbeitslosigkeit dürfte sich die Summe aller Spenden an karitative Organisationen und Vereine nach Schätzung des Deutschen Zentralinstituts für soziale Fragen (DZI) in diesem Jahr, wie schon 1993, auf rund 4,1 Milliarden Mark belaufen.

Das Institut muß es wissen, denn es berät potentielle Spender und verleiht solchen Organisationen das „Spendensiegel“, die bestimmte Kriterien erfüllen: etwa niedrige Verwaltungskosten, ordnungsgemäße Rechnungsführung, Wahrung der Menschenwürde bei der Spendenwerbung. Von den rund 2.000 überregionalen Organisationen, die immer heftiger um jede Mark des gleich bleibendenden Spendenkuchens konkurrieren, haben 72 auf Antrag das Gütesiegel erhalten.

Die Liste reicht von den „Ärzten für die Dritte Welt“ bis zu „Wort & Tat, Allgemeine Missions-Gesellschaft“. Ein Verein, der zuletzt in Ruanda mit zweifelhaften Hilfsangeboten von sich reden machte, ist nicht mehr darunter: Care Deutschland e.V. Doch nicht deswegen habe man ihnen das Spendensiegel aberkennen müssen, so DZI-Geschäftsführer Lutz Worch, sondern weil Bundesmittel unsachgemäß verwandt worden seien.

Unseriöse Geschäftspraktiken oder gar Betrügereien, glaubt der Institutsleiter, seien aber immer nur „Einzelfälle“. Bei der Justiz aufgefallen sind hier der „Förderkreis des Deutschen Kinderhilfswerks für die Dritte Welt“ in Heidelberg, die „Organisation für notleidende Kinder“ in Gießen, der „Verein Hilfe für behinderte Menschen“ in Bochum und das „Kinder- Hilfwerk für Afrika“ in Hamburg. In der Grauzone der Halbseriosität tummeln sich dann schon mehr: diejenigen etwa, die zwar korrekt abrechnen, aber durch aggressive Werbung auffallen. Daß sich die Bewohner des östlichen Deutschlands beim Spenden immer noch ungleich mehr zurückhalten als die des westlichen, erklärt sich DZI-Chef Worch auch durch die „Drückerkolonnen“, die sofort nach der Wende in die DDR eingefallen seien und die dortige Gebebereitschaft auf absehbare Zeit ruiniert hätten. Ute Scheub

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen