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Mit dem Rad zur Klimakonferenz nach BakuNie mehr ohne meinen Rückspiegel

Fast drei Monate hat unser Autor gebraucht, um mit dem Fahrrad zur UN-Klima-COP nach Aserbaidschan zu gelangen. Nun ist er da und zieht Bilanz.

Endlich angekommen. Und nicht mehr allein: Auch diese Menschen in Baku protestieren gegen falsche Prioritäten in der Klimapolitik Foto: dpa

I ch bin in Baku. Unglaublich! 110 Tage, 14 Länder und 5.134 Kilometer, nachdem ich in Freiburg aufgebrochen bin. Hier, vor dem Olympiastadion von Baku, dem Austragungsort der 29. Weltklimakonferenz, findet eine abenteuerliche Reise ihr Ende. Zeit für eine Bilanz:

Route: Grundsätzlich kann ich jedes Land, durch das ich gefahren bin, als Radreiseland empfehlen. In Deutschland, der Schweiz und Österreich sowie in Norditalien gibt es ein gut entwickeltes Fernradwegnetz. Ab Slowenien hört das zwar schlagartig auf, mit guter Planung findet man jedoch immer verkehrsarme Straßen. Ab Bosnien haben alle Länder zudem ein aus deutscher Sicht niedriges Preisniveau, sodass gelegentliche Restaurant- oder Hotelaufenthalte das Reisebudget nicht allzu sehr sprengen.

Landschaftlich und kulturell sind Osteuropa, die Türkei und der Kaukasus extrem spannend – gerade wenn man den Abstecher in die Berge wagt. Davon gibt es im Balkan genug. Wer Ausdauer und Leidensfähigkeit mitbringt, wird mit grandiosen Landschaften und netten Begegnungen belohnt.

Meine persönliche Faustregel: Die Gastfreundschaft nimmt proportional zum Abstand von Deutschland zu. Den Höhepunkt erreichte ich in der Türkei. Hier waren Einladungen auf einen Çay normal. Mit der Aufmerksamkeit war ich ab und an auch überfordert. Wer nicht gern stets im Zentrum des Geschehens ist, sollte sich die Türkei als Radreiseland gut überlegen. Ich empfehle es jedoch ausdrücklich!

Gefahren: Die mit Abstand größte Gefahr einer jeden Radreise ist der Autoverkehr. Für mich hat sich der Kauf eines Rückspiegels enorm bewährt. Mindestens zweimal hat er mich vor schweren Unfällen bewahrt, als ich mich vor heranrasenden Lkws gerade noch retten konnte.

Beware of the dogs!

Die zweitgrößte Gefahr sind Hunde. Ab Bosnien wurden sie mir zum täglichen Begleiter und Ärgernis. Hunde decken Radfahrern gegenüber ein Verhaltensspektrum von völlig unbeeindruckt bis völlig außer Rand und Band ab. Trifft man auf Letzteres, radelt man am besten stoisch weiter, ignoriert das wilde Gezeter und hofft, dass die Tiere bald ablassen. Zum Glück verteidigen Hunde nur ihr Revier, dessen Radius selten über 100 Meter beträgt. Obwohl ich nie gebissen wurde, ist es für die Nerven jedes Mal eine Belastungsprobe.

Ausrüstung: Die zwei wichtigsten Komponenten haben die Belastungsprobe bestanden: mein Fahrrad und mein Camping-Equipment. In Griechenland brach eine Zeltstange (konnte mit Panzertape provisorisch repariert werden), ansonsten blieb alles heil. Das größte Wunder: auf 5.134 Kilometern: kein einziger Platten. Ausreichend Flickzeug dabeizuhaben ist dennoch ratsam. Zum Gewinner hat sich aber mein Kopfkissen gemausert. Dadurch wurden die Nächte im Zelt um einiges erträglicher. Mein liebstes Technikgerät war die 249 Gramm schwere Drohne. Mit ihr konnte ich tolle Aufnahmen machen.

Wie komme ich zurück? Das ist derzeit die große Unbekannte. Gerade versuche ich, mein Fahrrad nach Deutschland zu schicken, da die Mitnahme in Bussen oder Zügen in vielen Ländern unzuverlässig ist. Gelingt mir das, werde ich die Heimreise nach der COP auf dem Landweg antreten. Das wird, ich bin sicher, ein weiteres kleines Abenteuer werden.

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3 Kommentare

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  • Großen Respekt! Das mit dem Rückspiegel kann ich nur bestätigen. Ich kann nur jedem, der noch keinen an seinem Drahtesel hat, dringend empfehlen, einen nachzurüsten.

  • Das Wichtigste fehlt: Der Link zum großartigen Film, den Ingwar Perowanowitsch auf youtube veröffentlicht hat.

    www.youtube.com/watch?v=N9ImVqRloWs

  • Sehr cool. Bravo!