Mit dem Koalitionsvertrag auf Du und Du: Junggeselle der Künste
■ Kurzstudium zum „Bachelor of Arts“
Die Wahlprogramme der Parteien sind Schnee von gestern. Grundlage für die Bremer Politik der nächsten vier Jahre ist der von SPD und CDU geschlossene 50seitige Koalitionsvertrag. In der morgigen Wochenend-taz wird er in längeren Auszügen nachzulesen sein.
Viele Fragen bleiben allerdings trotz Koalitionsvertrag offen. Und genauso viele Fragen wirft der Koalitionsvertrag selber auf. In loser Folge trägt die taz deshalb unter dem Motto „Mit dem Koalitionsvertrag auf Du und Du“ zur Aufklärung bei.
Den Auftakt macht heute ein Passus aus dem Bereich Wissenschaft: „Die Einrichtung von dreijährigen sogenannten ,Kurzstudiengängen' mit dem Abschluß eines BA (Bachelor of Arts) ist zu prüfen.“ Auskunft gibt Ludwig Voegelin, in der Hochschulentwicklungsplanungder Bremer Uni zuständig für den Bereich Lehre und Studium.
taz: Welchen Sinn hätte ein Abschluß Bachelor of Arts?
Ludwig Voegelin: Das wäre vor allem ein Angebot, nach dem Vordiplom einen Zwischenausstieg aus dem Studium zu ermöglichen. Das wäre für alle interessant, die gegenwärtig zu Langzeitstudierenden werden, weil sie keine andere Möglichkeit haben, als das Diplom zu machen.
Außerdem müssen wir sowieso dazu kommen, europaweit vergleichbare Abschlüsse zu schaffen – das Diplom muß zum Master vergleichbar werden, und für das Bachelor, das es in den meisten EU-Ländern gibt, müssen wir etwas Vergleichbares anbieten.
Ist das dann eine Qualifizierungsmaßnahme für Taxifahrer oder wird es für den Bachelor-Abschluß in Deutschland auch ein Berufsfeld geben?
Das weiß bisher niemand. Es gibt bundesweit noch gar keine Vorstellung darüber, wie sich ein solcher Abschluß von den Fachhochschulabschlüssen unterscheiden wird.
Die Diskussion um Kurzzeitstudiengänge ist 20 Jahre alt. Damals wurde das aber insbesondere von der Wirtschaft abgelehnt. Dort gibt es inzwischen Interesse an solchen mittleren Abschlüssen.
Ein Beispiel?
Wir beraten gerade einen Studiengang Wirtschaftsingenieur. Da zeigt sich, daß die Bachelor-Qualifikation europaweit ihren Markt findet. Es gibt offensichtlich in der Industrie unterschiedliche Anforderungsprofile...
Das heißt, wer nur einen Bachelor-Abschluß hat, kann niedriger bezahlt werden?
Das nehme ich an. Aber es kann auch sein, daß solche Leute genommen würden, weil sie jünger und damit flexibler einsetzbar sind.
Wissen Sie, wie der Vorschlag in den Koalitionsvertrag geraten ist?
Jedenfalls nicht auf Anregung der Universität. Das kommt aus der Behörde.
Ist es denkbar, daß Bremen Bachelor-Abschlüsse in den nächsten vier Jahren schafft?
Bisher gibt es in Deutschland dafür wohl noch kein Vorbild. Ein reiner Zwischenabschluß wäre zwar relativ leicht hinzubekommen. Aber ein Bachelor-Abschluß erfordert ja auch ein besonderes Curriculum. Und dann ist es in Deutschland eine der schwierigsten Sachen, einen Titel zu vergeben. Da läuft jetzt erstmal die Diskussion in einer Arbeitsgruppe der Kultusministerkonferenz.
Und ohne deren Entscheidung würde es in Bremen nicht gehen?
Bremen würde keinen eigenständigen Weg gehen, weil Bremen sich durch die Sanierungsmilliarden ständig unter Druck fühlt, im Mainstream zu schwimmen.
Wie soll der Bachelor of Arts heißen? Als Übersetzung „Junggeselle der Künste“?
Man wäre ja mit dem Klammerbeutel gepudert, wenn man einen anderen Namen dafür verwenden würde. Das muß natürlich Bachelor heißen.
Ein englischer Abschluß in Deutschland?
Ja klar, wir vergeben ja auch lateinische. Ase
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