■ Mit dem Dosenmulti auf du und du: Gegen Dosengegner
Braunschweig (taz) – Der Verpackungshersteller Schmalbach-Lubeca ist in seiner Branche europaweit einer der größten. Alleine mit der Herstellung von PET-Flaschen und Bierdosen wird ein Umsatz von 1,9 Milliarden Mark jährlich erzielt, das sind knapp 48 Prozent des Gesamtumsatzes von vier Milliarden Mark. Von 1994 auf 1995 konnte der Umsatz mit Getränkedosen und Plasteflaschen um 18 Prozent gesteigert werden.
Die Bierdose und die PET- Flasche sind denn auch die großen Hoffnungsträger für das kommende Jahr, denn diese beiden Einwegverpackungen sollen das stark rückläufige Geschäft mit Lebensmitteldosen kompensieren helfen. Die Einbrüche waren hier so heftig, daß das Unternehmen für das laufende Geschäftsjahr keinen Jahresüberschuß ausweisen kann. Die Dividende wird deshalb gestrichen, kündigte Vorstandschef Erich Kanofsky gestern an. Letztes Jahr hatte der Verpackungskonzern noch ein Plus von 65 Millionen Mark erwirtschaftet. Schmalbach-Lubeca setzt also, so Pressesprecher Walter Sprenger, auf weitere Volumenzuwächse bei Getränkedosen, auf daß nächstes Jahr die Aktionäre wieder eine angemessene Dividende erhalten.
Doch die Bierdose ist ins Gerede gekommen. Zahlreiche Aktionen, initiiert von mittelständischen Brauereien, vom Bund für Umwelt und Naturschutz, vom Landesbund für Vogelschutz und dem Abfallzweckverband Kempten, haben vor allem in Bayern für Aufsehen gesorgt. Die Dose wird als Job- und Umweltkiller angeprangert.
„Sorge bereitet nach wie vor die in Deutschland anhaltende Diskussion gegen die Getränkedose“, heißt es daher in einer Pressemitteilung des Großkonzerns. Und der Pressesprecher fügt hinzu: „Egal ob die bayerischen Kleinbrauereien das schätzen oder nicht: die Marktentwicklung geht immer mehr hin zum Premiummarkt, und der wird nun einmal national distribuiert.“ Der programmierte Dosenboom also.
Neben den Naturschutzverbänden, den Grünen und der SPD machen nichtsdestotrotz inzwischen auch immer mehr CSU-Politiker Front gegen die Dose. Der bayerische Umweltstaatssekretär Herbert Huber beklagte am Mittwoch vor dem bayerischen Senat die „massive Invasion von Bierdosen“. Doch der Freistaat Bayern verdient beim Dosenboom kräftig mit. Mit 25,3 Prozent ist er der größte Einzelaktionär am Münchener Mischkonzern Viag. Dieser wiederum ist mit 51 Prozent Mehrheitsaktionär bei Schmalbach-Lubeca. Weiterer Interessent an einem reibungslosen Dosenabsatz: Die Deutsche Bank hält an dem Verpackungsmittelkonzern 10 Prozent. Klaus Wittmann
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