■ Mit Wladiwostok auf du und du: Rußlands Rotterdam
Wladiwostok (taz) – Neben St. Petersburg und Moskau, dem Ural und Westsibieren gilt die Region Primorje am äußersten Südostzipfel Rußlands als potentielles Wachstumsgebiet. Die 650.000 Einwohner Wladiwostoks sehen ihre Stadt bereits als Handelszentrum –, nach dem Vorbild Hamburgs oder Rotterdams.
Verschifft werden vor allem die Rohstoffe des russischen Fernen Ostens, jenes riesigen Gebiets (zwei Drittel so groß wie die USA), das an den Pazifik grenzt: Holz, Buntmetalle, Diamanten und Gold, die heute teils noch von der staatlichen Industrie, teils von neu entstandenen Kleinfirmen unter Ausnutzung der unklaren Rechtslage halblegal ausgebeutet werden –, wobei niemand auf die Umwelt irgendeine Rücksicht nimmt. Bereits 1991 erwirtschaftete die damals noch für Ausländer verbotene Region Primorje 426 Millionen US- Dollar durch Exporte.
Die Industrie Wladiwostoks entwickelte sich rund um den Hafen: Schiffbau und -reparatur, Rüstungsgüter sowie Fischverarbeitung sind die wichtigsten Industriezweige, von denen die Rüstungsindustrie den stärksten Produktionseinbruch (1992 um fast 40 Prozent) verzeichnete.
Die Öffnung Wladiwostoks für Ausländer am 1. Januar 1992 brachte dem Handel einen kräftigen Schub; vor allem die Einfuhr japanischer Autos (angeblich 100 pro Tag, verläßliche Statistiken gibt es in Rußland außerhalb der Staatswirtschaft noch nicht) und von Hi-Fi-Geräten aus Hongkong erweist sich als einträgliches Geschäft.
Im Juli erklärte die Regionalverwaltung Primorje zur „Unabhängigen Republik“. Dabei allerdings geht es nicht darum, einen eigenen Staat für die 2,3 Millionen Bewohner zu gründen, sondern ums Geld: Weil die Zentralregierung im 9.300 Kilometer entfernten Moskau den ethnischen Minderheiten Zugeständnisse bei den Steuern gemacht hat, will jetzt auch Primorje möglichst viel seiner Exporterlöse behalten dürfen. Donata Riedel
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