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■ Mit Treuhand-Börsen auf du und duDer Kunde ist Bettler

Hannover (taz) – Die Russen sind abgezogen, der Flugplatz Brand südlich von Berlin ist ein Schlachtfeld. „Die Leitungen sind zerfetzt, die Sicherungen fehlen“, hat Reinhard Meier entdeckt – ein ideales Betätigungsfeld für seine achtköpfige Sanierungsgesellschaft Elektroservice Lübben, glaubt der Elektroanlagenplaner. Geduldig hat er sich auf der Hannovermesse in die kleine Schlange beschlipster Männer eingereiht, die auf ein Gespräch mit einem Vertreter der Bundeswehrverwaltung warten.

Auf ihrem Stand hat die Treuhand drei kleine Nischen für Anbieter aus den neuen Bundesländern eingerichtet, damit diese mit den Einkäufern des Verteidigungsministeriums in Kontakt kommen können. Denn nicht nur für Panzer, sondern auch für Unterhosen, Brötchen, Autoreifen oder Rasenmäher ist die Armee ein möglicher Kunde. 7,1 Milliarden Mark sind im Haushalt 93 für Anschaffungen vom Bleistift bis zum Flugzeug vorgesehen. Weil aber viele ostdeutsche Betriebe nicht über die Bezugswege informiert sind, wollen ihnen die zivilen Mannen der Hardthöhe auf der Hannovermesse eine Nachhilfestunde geben.

Endlich ist Reinhard Meier an der Reihe. Gewinnend lacht er Rüdiger Praun von der Wehrbereichsverwaltung Strausberg entgegen, der mit seiner goldenen Brillenkette spielt, während er eine 27 auf seine Besucherliste schreibt.

„Den Truppenübungsplatz der ehemaligen Freunde in Brand – den kennen Sie bestimmt“, sprudelt der Elektroplaner los und beschreibt die chaotischen Verhältnisse dort. „Nun sagen sie erst einmal ihren Namen und was sie mir anbieten wollen“, unterbricht ihn Praun ungeduldig mit unverkennbar wienerischem Dialekt. Meier bekommte einen roten Kopf. Wie ein braver Schüler erklärt er seine Pläne, aber Praun wiegelt gleich ab: Das Gebiet soll nicht von der Bundeswehr übernommen werden; sie sei deshalb nicht für die Sanierung zuständig.

Der Bundeswehrmann drückt Meier eine blaue Broschüre in die Hand: „Wirtschaftliche Förderung in den neuen Bundesländern“. „Machen Sie sich sachkundig und machen Sie dann ein Konzept.“ Im übrigen halte er die Altlasten für halb so schlimm. „Immerhin, man hat sich mal kennengelernt“, meint Meier. „Bei so was gibt es doch immer Hintertürchen. Vielleicht lad' ich ihn mal in den Spreewald ein.“ Annette Jensen

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