Mit Studiengebühren auf du und du: Offene Option
■ Hochschule erwägt Gebühren für Studiengang – und beißt auf Granit
Es war ein hochschulpolitisch dicker Klops, der dem Akademischen Senat der Hochschule Bremen in seiner Juni-Sitzung weitgehend unbeachtet durchrutschte. Das hohe Gremium beschloß einfach den Antrag für einen neuen Aufbaustudiengang namens „European Studies in Administration and Business“, der ab dem Sommersemester 1999 in Kooperation mit der Hochschule für öffentliche Verwaltung Menschen mit Hochschulabschluß zum Master-Titel führen sollte. „Vorbehaltlich einer Änderung der Rechtslage in Folge des veränderten Hochschulrahmengesetzes und der Zustimmung des Wissenschaftssenators können Studiengebühren erhoben werden“, heißt es in dem Papier.
Ein kurioser Passus, zumal es Hochschulexperten bei aller unterschiedlichen Auffassung über Studiengebühren für unwahrscheinlich halten, für einige Studiengänge Gebühren zu verlangen und für andere nicht. Auch das Konzept für den einzigen der Hochschule bisher genehmigten Aufbaustudiengang „Master of Global Management“ kommt ohne Hinweis auf Gebühren aus.
Merkwürdig mutet weiterhin an, daß wenige Seiten zuvor die Nachfrage nach dem geplanten neuen Ausbildungsgang, der Absolventen als künftige EU-Beamte oder Brüsseler Lobbyisten qualifizieren soll, wie folgt begründet wird: „Der Umstand, daß im Lande Bremen im Gegensatz zu anderen Anbietern vorerst keine Studiengebühren erhoben werden, läßt auf eine insgesamt hohe Nachfrage schließen“.
Die studentischen VertreterInnen im Akademischen Senat wollten die Versammlung auf die Brisanz des Themas Studiengebühren und auf die inneren Widersprüche des Antrags aufmerksam machen. „Aber die Diskussion wurde abgewürgt“, berichtet Studentin Anette Volkens. Aber das, so wissen die AktivistInnen, sei unter Rektor Ronald Mönch nicht ungewöhnlich. Mit dem Antrag sollen Pflöcke für generelle Studiengebühren eingerammt werden.
„Die Hochschule will sich alle Optionen offenhalten“, sagt Hochschulsprecher Ulrich Berlin. Auch in Deutschland würden Studiengebühren „irgendwann kommen“. Die Hochschule werde bald in einer „Wettbewerbssituation“ mit dem Privat-Uni-Projekt der Rice University in Bremen-Nord stehen. Dort sind Gebühren vorgesehen.
In der Bremer Wissenschaftsbehörde will man von Studiengebühren nichts wissen, auch von dem Gebühren-Passus im Antrag hält man wenig. „Es ist nicht sehr sinnvoll, das da rein zu schreiben“, sagt Sprecher Rainer Gausepohl. Den Verweis auf die Privatuniversität in Grohn läßt er nicht gelten. „Diese Uni gibt es noch nicht.“ Man werde sehen, „wie das eine vom anderen abzugrenzen ist“.
Mit ihrem Antrag bissen die Hochschulvertreter auch bei ihrem Kooperationspartner auf Granit. „Ich nehme den Passus sofort raus“, sagte der Rektor der Hochschule für Öffentliche Verwaltung (HföV), Professor Bernd Wesche, nachdem ihn die StudentenvertreterInnen alarmiert hatten. „Der Widerspruch in dem Text ist mir auch aufgefallen.“ Der Hochschulrat der HfÖV, der in etwa dem Akademischen Senat entspricht, verabschiedete denn auch bei seiner Sitzung am Dienstag einen in einigen Punkten entgegengesetzten Antrag: „Eine Finanzierung über Studiengebühren ist nicht beabsichtigt“, heißt es dort.
Bevor die beiden Hochschulen jetzt eine Kooperationsvereinbarung treffen, müssen für Wesche noch viele Fragen geklärt werden: Welche Studiengänge sollen der Unterbau für den Europa-Aufbaustudiengang sein? Welche Inhalte sollen eigentlich von welchem Personal vermittelt werden? Den angepeilten Start zum Sommersemester 1999 hält Professor Wesche jedenfalls für eine Illusion. Joachim Fahrun
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