■ Mit Spielautomaten auf du und du: Rettet den Flipper!
Freiburg (taz) – Wer bei Spielautomaten zuallererst an einarmige Banditen und Groschengräber denkt, liegt nicht falsch. Rund 70 Prozent ihres Umsatzes macht die Automatenbranche mit Geräten, bei denen man Geld gewinnen kann. Nicht ganz so beliebt sind Geräte, die zwar auch Geld schlukken, uns aber nur Unterhaltung versprechen.
Die einstmals in fast allen Kneipen so beliebten Flipper- Geräte sind sogar vom ökonomischen Aussterben bedroht. Nach einer Untersuchung des Münchener ifo-Instituts im Auftrag der Deutschen Automatenindustrie ist ihr Anteil an den neu aufgestellten Spielautomaten jüngst drastisch gesunken. Waren 1994 noch zehn Prozent aller verkauften Automaten Flipper-Geräte, so sank ihr Anteil im Vorjahr auf nur noch drei Prozent. Die ifo-Forscher führen dies vor allem auf fehlende Innovationen zurück.
Mies verkauft sich derzeit auch ein anderes Traditionsprodukt, der Musikautomat. Hier fiel der Absatz ebenfalls innerhalb weniger Jahre auf ein Drittel der alten Werte. Neue Chancen für die alte Jukebox könnten sich laut ifo allerdings ergeben, wenn moderne Multimediatechniken konsequent genutzt werden.
Gutes Marketing attestierte ifo dagegen beim Vertrieb elektronischer Dart-Geräte. Überregionale Turniere und Wettkämpfe an touristisch interessanten Plätzen verbesserten das Image des Pfeilwurfsports so nachhaltig, daß sich der Absatz der zugehörigen Geräte innerhalb von drei Jahren um 75 Prozent ausweitete.
Bei Videospielen haben die Hersteller mit der Konkurrenz des Joysticks im eigenen Wohnzimmer zu kämpfen. Der Trend in der Automatenindustrie geht daher zu hochwertigen Geräten wie Fahrsimulatoren. Doch bleiben auch solche Geräte für Minderjährige tabu, wenn sie in öffentlichen Spielhallen aufgestellt sind.
Die Automatenbranche fordert hier eine Liberalisierung, um „Vergnügungszentren für die gesamte Familie“ einrichten zu können. Sie verweist darauf, daß in anderen europäischen Staaten derartige Einrichtungen bereits üblich seien.
Auch im Bereich der Geldspielgeräte fühlt sich die Branche zu sehr gegängelt. Ohne die massive Erhöhung der Vergnügungssteuer und verschärfte Anforderungen an die Aufstellung der Geräte in Spielhallen läge der Umsatz heute um rund ein Drittel höher, schätzt das ifo-Institut. Anlaß zur Hoffnung gebe aber die europäische Währungsunion. Seien erst mal einheitliche Geldmünzen eingeführt, könnten deutsche Automaten auch leichter ins Ausland verkauft werden, glaubt ifo.
Die deutsche Spielautomatenbranche erwirtschaftete im Vorjahr einen Umsatz von rund 7,5 Milliarden Mark, ein Zehntel davon verdienten die Hersteller. Rund 70.000 Menschen finden in der Branche Beschäftigung. Christian Rath
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