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Archiv-Artikel

Mit Pickeln zum Erfolg

Ein Festival wie Geschenkeauspacken: Das 7. internationale „up and coming“-Filmfest Hannover bot den Nachwuchs im Querschnitt. Das Spektrum reicht vom Erstlingswerk siebenjähriger Schülerinnen bis zum anspruchsvollen Video-Experiment

Der Trend geht zum Inhalt, die Filme werden wieder politischer

aus Hannover Isabel Rodde

Oskar ist stolz. Immerhin hat er es nach vielen erfolglosen Anläufen zum Star einer Reality-TV-Serie gebracht. Dass die schon lange wieder abgesetzt ist, mag der smarte Junge in weißer Feinripp-Unterwäsche allerdings nicht wahrhaben. Irgendwo in seiner von Sendemasten umstellten Baracke muss doch noch eine Kamera installiert sein, diese Hoffnung lässt er sich von niemandem nehmen.

Das Thema Medienkritik – was ist echt, was inszeniert? – zog sich wie ein roter Faden durch das Programm des 7. Internationalen up-and-coming Filmfestivals in Hannover. Für die skurrile Big-Brother-Satire des dänischen Jungregisseurs Ole Bendtzen gab es denn auch einen der sechs mit 1.500 Euro dotierten „Filmkometen“. Insgesamt 170 Beiträge aus 33 Ländern standen bei dem gut besuchten Nachwuchs-Festival auf dem Programm: Was vor gut 20 Jahren von den Organisatoren Burkhard, Karin und Harald Inhülsen als Schülerfilmfest ins Leben gerufen wurde, hat sich längst als Treffpunkt junger FilmemacherInnen aus aller Welt etabliert.

Das Spektrum des Wettbewerbs reichte dann auch vom Erstlingswerk siebenjähriger Schülerinnen bis hin zur professionellen Hochschulproduktion, vom konventionellen Trick- und Dokumentarfilm bis hin zur aufwändigen Computer-Animation. Formale Spielereien standen aber nicht im Vordergrund. „Die Filme sind wieder inhaltlicher und politischer geworden“, bilanzierte Filmproduzent und Jury-Mitglied Peter Stockhaus.

Das ist belegbar: In Hannes Gieselers Dokumentarfilm „BARBERSHOP Politics“ beispielsweise erzählen Männer in einem kleinen Friseursalon, das Rasiermesser ständig an der Kehle, von Gewalt, Verfolgung und Hoffnungslosigkeit in der Krisenregion Kaschmir.

Ein anderes Beispiel: In Jasmina Eletas Kurzspielfilm „Rahima – Eine Reise“ besucht eine resolute alte Bosnierin ihren Sohn: Dessen neues Leben in der Schweiz hatte sie sich eigentlich ganz anders vorgestellt. Und in „The making of“ parodiert der Wiener Filmstudent Alex Trejo auf überzeugende Weise die US-amerikanische Berichterstattung über den Irak-Krieg.

Neben politischen Themen standen Alltagsgeschichten im Vordergrund: So erhielt die kanadische Videodokumentation „Folk“ von Ryan Feldman einen „Filmkometen“ für den schonungslosen Blick auf die eigene Familie: Während die vereinsamte Großmutter mit Boulevardzeitschriften und Glühbirnen-Käufen die Zeit totschlägt, ist das Leben der Eltern im wahrsten Sinne auf den Hund gekommen.

Heiterer ging es dagegen in vielen Animationsfilmen zu. Die zwölf- und 13-jährigen SchülerInnen vom Max-Slevogt-Gymnasium in Landau wurden für „Das Haus der 1.000 Türen“ ausgezeichnet: Eine abenteuerliche Zeichentrickfilmreise, auf der Lena und Tim Elefantenherden, Medizinmänner, Fernsehkomiker und eine geheimnisvolle Insel entdecken – ein Film wie Geschenkeauspacken, so das Urteil der Jury.

Ergänzt wurde der Wettbewerb durch das Sonderprogramm „Wunden und Visionen der Megalopolen“, das junge Filmemacher aus London, Los Angeles, Reykjavik und Shanghai präsentierte. Der fürs Sonderprogramm verantwortliche Kurator JJ Villard vom California Institute of the Arts konnte auch für seinen eigenen Wettbewerbsbeitrag einen Preis in Empfang nehmen: Begeistert feierte das Publikum seinen brillant gezeichneten Comic-Trickfilm „Son of Satan“. Der erzählt lakonisch die Geschichte einer düsteren, pickligen Jungen-Gang.