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■ Mit Pauschalreisen auf du und duUnd sie wachsen

Berlin (taz) – Die Bundesbürger haben weniger Geld, sie verreisen weniger und im Durchschnitt kürzer als noch zu den Boomzeiten – bloß die Tourismuskonzerne wachsen. Um 5,5 Prozent soll nach Angaben der touristischen Fachzeitschrift FVW International der Pauschalreisemarkt zugenommen haben. Ganz große wie etwa NUR (Neckermann, Aldiana, Bucher und Terramar) legten sogar noch kräftiger zu: 7,2 Prozent mehr Kunden und 8,6 Prozent mehr Umsatz.

Als Neckermann jetzt die Bilanz des Geschäftsjahres 96/97 vorstellte, lieferte Geschäftsführer Willi Schoppen auch gleich eine sinnige Erklärung für diese widersprüchliche Entwicklung: Die Bundesbürger schichteten ihre Konsumausgaben um. Gespart werde an allem Möglichen. Aber Reisen? „Der Verbraucher betrachtet Reisen offenbar immer noch als ein fundamentales Bedürfnis.“ Und wenn er denn spart, dann greift er zur Pauschalreise. „Denn“, so Schoppen, „bei gleicher Qualität ist die Pauschalreise inzwischen deutlich preiswerter als die Individualreise.“

Der Pauschalreisemarkt wächst nicht bloß trotz, sondern gerade wegen der schlechten Lage. Auf 45 Prozent beläuft sich mittlerweile sein Anteil am gesamten touristischen Kuchen. Die zehn größten Veranstalter liegen da ganz vorne. Und sie wachsen vor allem da, wo das Klima zerrüttet wird, nämlich im Flugsektor. Auch da hat Neckermann die Nase vorn und registriert einen Zuwachs von 8,8 Prozent gegenüber 6,6 Prozent auf dem gesamten Flugtouristikmarkt. Fast drei Viertel aller Neckermänner fliegen, vor allem im Nah- und Mittelstreckenbereich. Die „erdgebundenen Programme“, so der schöne Ausdruck bei Neckermann für alles, was nicht abhebt, kommen langsam aus der Mode.

Die Großen der Branche haben sich inzwischen neu organisiert zu drei Konzernen: Die Hapag-Lloyd AG teilte gestern mit, daß sie ihren Anteil am größten Pauschalveranstalter TUI auf 50 Prozent erhöht hat. Dazu wird der Schickedanz- Gruppe (mit Versandhaus Quelle) deren 20-Prozent-Beteiligung an TUI abgekauft. Quelle-Schickedanz mußte seine TUI-Beteiligung auf Druck des Bundeskartellamts verkaufen, weil das Quelle- Stammhaus beherrschenden Einfluß auf den Warenhauskonzern Karstadt zu erringen sucht. Die Karstadt-Tochter NUR wiederum bildet mit dem Charterflieger Condor ein schlagkräftiges Duo, C&N Touristik. Bleibt als Dritter der Großen der Lufttransporter LTU. Christel Burghoff

Dieses Wochenende auf den taz- Reiseseiten: Wie die Branche wachsen will

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