■ Mit Öko-Joghurtbechern auf du und du: Nur ein Werbegag?
Freiburg (taz) – Ein Joghurtbecher stiftet Verwirrung. Seit wenigen Wochen bietet die Firma Danone einen Joghurt aus Bio-Milch in einem Becher aus kompostierbarem Kunststoff an – doch bislang weiß niemand so genau, ob dieser neue Werkstoff ökologische Vorteile bringt oder allenfalls als Marketing-Gag taugt. Denn auf dem heimischen Komposthaufen verrottet der Becher kaum. Er benötigt eine spezielle Kompostieranlage. Also sammelt bisher das Duale System DSD den Becher im gelben Sack ein.
Wolfgang Beier vom Umweltbundesamt (UBA) in Berlin hat „Bauchschmerzen“ bei dem neuen Produkt. Deshalb hat er von Danone eine Öko-Bilanz eingefordert – bislang vergeblich. Es existiert lediglich eine erste Energiebilanz des amerikanischen Franklin Instituts. Die kommt zu dem Ergebnis, daß der Energiebedarf zur Produktion des kompostierbaren Bechers aus Polymilchsäure nicht geringer ausfällt als bei herkömmlichen Kunststoffbechern. Eine komplette Öko-Bilanz werde zwar „in absehbarer Zeit fertiggestellt“ sein, doch welches Institut bereits daran arbeitet, wollen die Marketingstrategen von Danone nicht mitteilen – „um Fehlinformationen vorzubeugen“.
Grundlage der Ökobecher sind Zuckerrüben. Aus dem Zucker in den Rüben wird durch Fermentierung Milchsäure gewonnen. Die Milchsäuremoleküle werden dann zu Molekülketten vereinigt – der Polymilchsäure. Dieser Kunststoff ist in seinen Verarbeitungseigenschaften Kunststoffen wie Polypropylen, Polystyrol oder PET vergleichbar. Die kompostierbaren Becher sind dreimal so teuer wie herkömmliche Becher. Dennoch: 40 Millionen Zuckerrüben-Becher will Danone in diesem Jahr verkaufen.
Daß die Öko-Bilanz dieser Produktionskette rosig ausfällt, bezweifelt UBA-Experte Beier. Denn bei einer großtechnischen Einführung des neuen Materials würden riesige Ackerflächen benötigt. Nur intensive Landwirtschaft könne den breiteren Einsatz von Zuckerrüben ermöglichen. Die Probleme sind bekannt: Düngemittel und Pestizide belasten die Umwelt.
Offenkundig absurd ist der derzeitige Entsorgungsweg. In 20 Sortieranlagen des Dualen Systems werden die neuen Becher aus dem Kunststoffmüll aussortiert, und in Kompostieranlagen gebracht, wo sie binnen 60 Tagen zu Humus zerfallen. Wird ein Becher in der Sortierung übersehen, geht er mit den anderen Kunststoffen in die Verwertung. Ein halbes Jahr will das DSD die Sache testen, dann muß ein schlüssiges Konzept her.
UBA-Experte Beier ist skeptisch, daß das jetzige Konzept bestehen bleibt. „Eine Forderung könnte sein“, sagt Beier, „den Becher für den heimischen Kompost tauglich zu machen.“ Bisher scheitert das daran, daß zum Abbau des Bechers mindestens 55 Grad Celsius und eine gleichmäßig hohe Luftfeuchtigkeit notwendig sind. Bernward Janzing
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen