■ Mit Lizenzen auf du und du: Freunde I
Ohne Lizenz läuft im Privatfernsehen gar nichts. Ohne Frequenzen erst recht nicht. Solche im Kabelnetz gibt es zu wenige (rund 30), die für den Empfang per Antenne sind noch viel knapper. Darüber, wer die begehrten Kleinodien in welchem Bundesland bekommt, entscheiden die Landesmedienanstalten, unabhängig von der jeweiligen Regierung – sagt das Gesetz. Die Landesregierungen haben nur die Rechtsaufsicht, prüfen also, ob alles ordnungsgemäß abgelaufen ist. Soweit die Theorie.
In der Praxis haben die meisten Ministerpräsidenten Medienpolitik als Wirtschaftspolitik definiert. Da wird um jeden Arbeitsplatz gekämpft, die Bundesländer versuchen allesamt, neue Sender mit attraktiven Bedingungen ins eigene Land zu locken.
Als erstes, noch in den achtziger Jahren, begann Nordrhein- Westfalens Staatskanzlei systematisch, den Raum Köln als Medienstandort auszubauen. Die Strippen zog Staatsminister Wolfgang Clement – und zieht sie noch heute, als Wirtschaftsminister der rot-grünen Koalition. Kein Fernsehprogramm, sagt er, könne so schlecht sein, daß es den Verzicht auf Investitionen in die neuen Medien rechtfertige. Investitionen: Das heißt lokale Studios, Aufträge an lokale Produktionsfirmen, das können aber auch Forschungsinstitute, Gutachten oder die Stiftung eines Preises sein.
Als Gegenleistung wird allerhand für die Privatsender getan: Von Investitionshilfen bis Krisenmanagement, wenn ein Sender wie Vox pleite macht und doch seine Lizenz behalten soll. Dann wird, in NRW nicht anders als beim Kirch-Sender DSF in Bayern, prompt dafür gesorgt, daß auch die jeweils zuständige „unabhängige“ Medienanstalt die Standortinteressen des Landes vertritt.
Nach dem Motto „Laßt ihr uns unseren Kirch, dann lassen wir euch eure Bertelsmänner“ hat sich Bayerns Stoiber längst mit der Düsseldorfer SPD über gegenseitiges Wohlwollen gegenüber den beiden „Sendefamilien“, wie sie Johannes Rau väterlich nennt, geeinigt.
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