■ Mit Katastrophen-Bilanz auf du und du: Miami unterspült
Berlin (taz) – „Die Wahrscheinlichkeit für Naturkatastrophen steigt“, stellt Gerhard Berz aus der Forschungsabteilung der Münchener Rück fest. Ihm und seinen Kollegen in der größten Rückversicherung der Welt ist der letzte Beweis für eine menschenverursachte Klimakatastrophe schnuppe. „Die entscheidende Frage ist nicht, ob und wann die anthropogene Klimaänderung bewiesen werden kann, sondern ob die bisherigen Klimadaten ausreichende Anhaltspunkte liefern, um künftige Veränderungen richtig abzuschätzen“, so Berz. Seit Jahren beobachten er und seine Kollegen, daß die Zahl von Wirbelstürmen, Orkanen und Sturmfluten zunimmt. Deshalb raten sie den Verantwortlichen fürs Kundengeschäft entweder zu extrem hohen Prämien oder zu einer Ablehnung des gesamten Geschäfts. In bestimmten Weltgegenden verweigern klug gewordene Versicherungen inzwischen jeden Vertrag.
Etwa 10 Prozent der Belegschaft der Münchener Rück sind Naturwissenschaftler. Schon vor 20 Jahren wurde eine Forschungsgruppe für Geowissenschaften eingerichtet, die Prognosen über anstehende Schadensereignisse erstellen. Die teure Investition lohnt sich, denn die Belastung durch Ökoereignisse nimmt ständig zu. „Seit 1990 hat es 12 große Katastrophen mit mehr als einer Milliarde Mark Schaden gegeben“, bilanziert Berz. Allein der Hurrikan Andrew in den USA kostete die Versicherungen 1992 rund 20 Milliarden Mark. Im Jahrzehnt vorher gab es lediglich drei Milliarden-Schäden. Es könne kein Zufall sein, daß die Katastrophenschäden seit Beginn der 80er Jahre dramatisch zugenommen haben, also seit die globalen Mitteltemperaturen stark gestiegen sind, schlußfolgern die Münchener-Rück- Forscher.
Aber nicht nur die Zahl und Heftigkeit von Stürmen, Erdbeben und Hochwasser verursacht heute sechsmal so hohe volkswirtschaftliche und 14mal so hohe Versicherungsschäden wie noch in den 60er Jahren. Auch der gestiegene Lebensstandard trägt dazu bei. „Außerdem nimmt die Konzentration von Bevölkerung und Werten in Ballungsräumen zu“, führt Berz an. Während 1960 nur 35 Prozent der Weltbevölkerung in Städten lebte, rechnet er im Jahr 2020 mit 60 Prozent. Vor allem in Küstenregionen siedeln sich immer mehr Menschen an – und die Küsten gelten als besonders katastrophenexponiert. „Denken Sie nur an Miami Beach. Ein Hurrikan führt dort zu Totalschäden, weil die Gebäude direkt am Strand stehen und unterspült werden.“ Weiter im Landesinneren seien nur 10 bis 20 Prozent der Häuser kaputtgegangen. Annette Jensen
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