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Mit-Initiator Jäger über Regionalwährung"Wie umgewandelt"

Rund um Lüneburg soll man ab Herbst mit dem "Regio Lunar" zahlen können. Ein Gespräch mit dem Mit-Initiator Horst Jäger über den Aufwind für die Regionalwährungen.

Währung "Sterntaler": Auch mit dem "Regio Lunar" soll die regionale Wirtschaft angekurbelt werden. Bild: dpa
Friederike Gräff
Interview von Friederike Gräff

taz: Herr Jäger, wie ist das Echo auf den Lunar?

Horst Jäger: Das ist unglaublich. Wir haben 35 Geschäftsleute, die mitmachen wollen, dabei haben wir noch gar nicht richtig angefangen zu akquirieren, das beginnt erst am Montag.

Das heißt, zu Beginn lief es nicht so gut?

Der Regio Lunar

ist eine regionale Währung in und um Lüneburg. Eingeführt wird sie zum 1. September dieses Jahres. Ab dann kann man in den Geschäften, die sich am Projekt beteiligen, mit dem Lunar bezahlen. Jeder, der teilnehmen will, wird Mitglied eines Wirtschaftsrings, der beitragsfrei ist.

Der Lunar ist eurogedeckt und steht im Verhältnis 1 : 1 zu ihm. Gültig sind die Lunar-Scheine ein halbes Jahr, damit soll der Umlauf gefördert werden.

Das Projekt soll die regionale Wirtschaft fördern. Außerdem kommen Überschüsse sozialen Vereinen und Projekte zugute.

Wir haben vor vier Jahren angefangen, nach einem Vortrag von Christian Gelleri, der den Chiemgauer mitbegründet hat, eine der ältesten Regionalwährungen in Deutschland. Als wir damals mit Geschäftsleuten sprachen, hieß es: ,Da sind Spinner unterwegs, wir haben doch gerade den Euro gekriegt'. Jetzt ist das wie umgewandelt - ich vermute, das hat mit der Wirtschaftskrise zu tun, vielleicht auch mit der Sehnsucht, etwas in der Region zu bewegen.

Kann man die regionale Wirtschaft nicht auch unterstützen, indem man mit Euros bei ihr einkauft?

Könnte man machen. Aber der Druck ist wesentlich größer, wenn man den Lunar in der Hand hält und ihn ausgeben muss. Es geht auch weniger um die Verbraucher, die tragen den Gedanken sowieso in sich. Aber die Geschäftsleute, die ihn annehmen, müssen jetzt gucken, wo sie ihn wieder ausgeben.

Kritiker monieren, dass mit der Verfallsfrist der Regionalwährungen wieder mal der Konsum angekurbelt werden soll.

Wir sehen uns konsumkritisch. Unser Finanzsystem hat Geld zu einer Ware erhoben, die durch Nichtstun immer mehr Wert erlangt. Die Umverteilung von Arm auf Reich geschieht ja nur, weil der Reiche Zinsen kassiert und der Arme Kredite nehmen muss. Die Freiwirtschaft dagegen sagt: Wir dürfen Geld nicht horten, es ist ein Tauschmittel wie früher Muscheln.

Akzeptieren Sie auch Dienstleistungen als Währung?

Beginnen wollen wir mit der Euro-Deckung des Regio Lunar. Aber der zweite Schritt soll eine parallele Leistungsdeckung sein. Da kann ich dann auch den Hartz-IV-Empfänger ganz anders einbinden. Aber bis dahin muss noch viel Überzeugungsleistung bei den Geschäftsleuten gemacht werden, denn die Dienstleistung können sie nicht mehr in Euro zurücktauschen.

In Hamburg ist vor knapp drei Jahren der Alto mit viel Hoffnung eingeführt worden und schon wieder verschwunden.

Gerade gibt es eine Renaissance der Regionalwährungen. Diejenigen, die funktionieren, verdoppeln im Moment ihren Umsatz, vom Roland in Bremen bis zum Chiemgauer, der mittlerweile an die sechs Millionen macht. Es ist immer die Frage: Wer macht es? In Altona war es eine Gruppe von Idealisten.

Das sind Sie vermutlich auch.

Aber wir schöpfen aus einem größeren Kreis, wir arbeiten mit dem Verein "Technik, Umwelt und Natur" zusammen. Man braucht viel Durchhaltevermögen. Das sind ja alles Ehrenamtliche, da verdient niemand etwas.

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