■ Mit Gentech-Verträgen auf du und du: Gummirecht für alle
Berlin (taz) – Mindestens 100 Freisetzungsversuche mit genmanipulierten Organismen haben in Drittweltländern schon stattgefunden. Bisher läuft das Geschäft völlig ohne internationale Regeln – und in den meisten Versuchsländern gibt es ebenfalls keine entsprechenden Gesetze. In Indonesien verhandelten in den letzten beiden Wochen VertreterInnen aus 128 Ländern darüber, wie dem abgeholfen werden kann. Ergebnis: der Auftrag an eine Arbeitsgruppe, bis 1998 einen Protokollentwurf vorzulegen. Das Mandat ist wachsweich. Es bleibt unklar, auf welche Organismen das Werk zugeschnitten sein soll. Sind nur gentechnisch manipulierte Pflanzen und Tiere gemeint oder auch deren Nachkommen?
Zwar haben die G7-Länder durchgesetzt, daß nicht nur internationale Mindeststandards für einen sicheren Transport, sondern auch für Nutzung und Handhabung innerhalb der Länder aufgestellt werden – sie sehen sich nämlich häufig außerstande, Gentechnik selbst zu kontrollieren. Die EU erreichte aber, daß der Schwerpunkt auf dem Transport bleibt. „Deutschland hat vehement dafür plädiert, daß das Gentechnikrecht weiterhin Sache der einzelnen Staaten bleibt“, sagt Dan Leskien von Friends of the Earth international.
Die USA, die bis heute die zugrunde liegende Konvention für biologische Vielfalt noch nicht ratifiziert haben, wollten sogar jede Verpflichtung verhindern. „Es gibt einen Wettlauf der Deregulierung zwischen EU und USA“, interpretiert Leskien.
„Erwägen“ soll die Arbeitsgruppe Haftungsfragen und den Umgang mit sozioökonomischen Folgen. Was beispielsweise passiert, wenn Vanille gentechnisch hergestellt wird – und Madagaskar, das heute zu 80 Prozent von der natürlichen Produktion des Aromastoffes lebt, seine Existenzgrundlage verliert? Kann ein Land den Importeur von genmanipulierten Organismen verklagen, wenn diese Schaden anrichten? Und sollen die Abnehmer herbizidresistenter Sojabohnen, die laut Leskien heute schon auf 400.000 Hektar in den USA wachsen, künftig das Recht auf Information über die Manipulationen haben? „Wer ein Protokoll verhindern will, hat bei diesen Fragen genug Raum für taktische Spielchen“, füchtet Leskien. Annette Jensen
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