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■ Mit Chile auf du und duBald in Nordamerika

Berlin (taz) – Seit gestern wird offiziell verhandelt: Chile will Teil von Nordamerika werden – ökonomisch gesehen. Es geht um die Aufnahme in den bisherigen Dreierclub zwischen Kanada, den USA und Mexiko namens Nafta (Nordamerikanisches Freihandelsabkommen).

Chile paßt recht gut in den Club, hat das Land doch längst Reformen vorgenommen, von denen ein Newt Gingrich, der erzkonservative Sprecher des Repräsentantenhauses, nur träumen kann. Nach dem Militärputsch des Generals Pinochet 1973 übernahmen die sogenannten Chicago-Boys, neoliberale Ökonomen der orthodoxen Schule Milton Friedmans, das Ruder. Völlige Umkehr der sozialistischen Politik von Salvador Allende, das hieß Privatisierung, Liberalisierung des Arbeitsmarktes (soll heißen Entrechtung der ArbeiterInnen) und Öffnung der Grenzen für Waren aus aller Welt. Der Staat zog sich von den Sozialleistungen zurück – so wurde die gesamte Rentenversicherung privatisiert. Dennoch geriet auch das Musterkind des Westens in die Schuldenkrise hinein; die offizielle Arbeitslosikgeit kletterte auf über 20 Prozent.

Zum Ende der Diktatur 1990 versprachen viele der neuen linksliberalen PolitikerInnen, die üblen Nebenwirkungen des Chicago-Experiments zu beheben. De facto aber wurde Pinochets Wirtschaftspolitik im großen und ganzen fortgesetzt. Nur ein wenig wurden die Steuern zwecks höherer Sozialausgaben angehoben. Immerhin sank der Anteil der offiziell als arm klassifizierten ChilenInnen von 40 Prozent im Jahr 1987 auf 28 Prozent – immer noch erschreckend viel.

Die Nafta muß sich nun nicht mit einer Militärdiktatur die Hände schmutzig machen und bekommt trotzdem ein neues Mitgliedsland, dessen Wirtschaftsdaten in Lateinamerika ihresgleichen suchen: mit einer Inflation von nur 8,3 Prozent, einer Arbeitslosenquote von sechs Prozent, einem alljährlichen Haushaltsüberschuß und Exporten, die allein im letzten Jahr um 25 Prozent zunahmen. Im Gegensatz zum Nafta-Mitglied und derzeitigen Krisenland Mexiko setzte Chile nie auf kurzfristiges, spekulatives Auslandskapital, das sich beim ersten Anzeichen von ökonomischen Problemen zurückzieht.

Nun plant die Regierung sogar, den chilenischen ArbeiterInnen etwas mehr Rechte einzuräumen. Verbesserte Arbeitsstandards dürften bei den Nafta-Verhandlungen durchaus nützlich sein. Und auf die Nafta- Mitgliedschaft setzt die Regierung unter Eduardo Frei. Denn noch gehört Chile mit einem durchschnittlichen Jahreseinkommen pro Kopf von 3,700 US-Dollar bei weitem nicht zu den reichen Ländern dieser Welt. lieb

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